Schmerzgrenze
STAATSGRENZEN SPRACHGRENZEN ARMUTSGRENZEN ALTERSGRENZEN SCHMERZGRENZEN Sie begrenzen mich, aber ich bin grenzenlos. Mein Körper, meine Seele, eine Karte, die bisher nur meinen Umriss zeigt. Keine Binnengrenzen. Kein „bis hierhin und nicht weiter.“ Keine Grenzsoldaten, die akribisch jeden kontrollieren, der auf meiner Seele sein beschissenes Badehandtuch ausbreiten will. Mit der Zeit werden sie kommen, sie, die Landvermesser, die Kolonialherren, welche die Grenzen mit dem Lineal zu ziehen versuchen und dabei die ganzen Feinheiten meiner Seele, meines Körpers übersehen. Oder nicht sehen wollen. Ihre Grenzen werden mein Korsett. Mit ihnen kann ich vor den Augen der Gesellschaft aufrecht stehen. Es wird eine Weile dauern, bis ich merke, dass ich nicht mehr richtig atmen kann. Zunächst wird mein Atem immer flacher werden. Keine zu hastige Bewegung, alles ist kontrolliert. Wenn sie schauen dann lächele ich. Jedes Mal ein Kraftakt. Mit jedem flachen Atemzug, immer zu wenig Sauerstoff, immer viel zu kurz, wächst in mir das Verlangen nach Freiheit. Freiheit kann einem niemand schenken. Freiheit muss man sich selbst erschaffen. Das weiß ich jetzt, aber früher, da wusste ich …