Alle Artikel mit dem Schlagwort: Druck

„Du musst dich jetzt beweisen“ #Wie ist es eigentlich…?

Triggerwarnung: Dieser Text behandelt gestörtes Essverhalten. Wenn du dich mit dieser Thematik nicht wohl fühlst, bitte ich dich, ihn nicht oder nicht alleine zu lesen. Für die vierte Ausgabe von „Wie ist es eigentlich…?“ treffe ich mich selbst. Denn ich möchte über eine Thematik sprechen, die mich seit vielen Jahren begleitet und seit ein paar Wochen unerwartet erneut meinen Alltag dominiert. Es geht um krankmachenden Stress, die permanente Angst, nicht zu bestehen und das Gefühl hinterher zu sein. Es geht um Erdbeermarmelade, Rotbäckchen-Saft und Strudel – nur leider nicht um den zum Essen. Ich frage mich selbst: Nelly, wie ist es eigentlich, unter Leistungsdruck zu leiden? Das Gefühl des verspäteten Wissens Der weiße Fliesenboden meiner Anderthalbzimmerwohnung ist mit Haaren übersäht. Es ist 14:03, ich habe noch nichts gegessen, aber schon Nachrichten gehört, vierzig Seiten gelesen, drei Mails geschrieben und ein Thesenpapier abgegeben. In meiner Notizen-App gibt es gleich mehrere To-Do-Listen: Eine für die Uni, eine für den Haushalt, eine für das Schreiben, eine für anderweitigen Erwachsenenkram und eine für Sonstiges. „Sonstiges“, das ist zum Beispiel Zum …

In Erwartungen gepresst #gedankenkarussell

Erwartungen können von einem selbst kommen, oder aus der Umgebung, manchmal sogar unbewusst. Wie möchte ich leben? Welche Entscheidungen treffe ich, weil ich sie so möchte? In diesem Text geht es darum, wie bestimmte Erwartungshaltungen Druck ausüben und wie es ist, sich selbst zu finden. 12. November Eine meiner größten Ängste ist, dass ich nicht genug Zeit habe für all die Dinge, die ich gerne tun würde. Da sind so einige Interessen, denen ich gerne nachgehen würde. Ich möchte herausfinden, ob sie mich wirklich interessieren, oder ob ich nur das Gefühl habe, ich müsste mich dafür interessieren, um in ein bestimmtes Bild zu passen – aber mir fehlt die Zeit, und die Kraft.  Ich habe nie so sehr über das alles nachgedacht wie zur Zeit. Und ich habe das Gefühl, in diesem Jahr außerhalb des Lebens zu stehen und darauf zu blicken, als wäre ich kein Teil davon.  Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen kann, oder was ich tun soll, damit es aufhört.  23. November Ich denke, ich müsste mehr tun. Ich sollte mehr …

Kreativ auf Kommando #heiterbiswolkig

Für mich ist schon seit vielen Jahren klar, dass ich in einem künstlerischen Beruf arbeiten und meine Liebe zum Zeichnen zum Beruf machen möchte. Mein ganzes Studium arbeitet darauf hin und manchmal werde ich sogar schon dafür bezahlt. Und trotzdem stehe ich immer wieder vor dem Problem, dass es manchmal schwer ist auf Abruf zu kreativ zu arbeiten. Besonders wenn Deadlines näherrücken und die eigenen Erwartungen etwas Großartiges zu schaffen immer größer werden, scheint es unmöglich, wieder zurück in einen Flow zu kommen. Und was mache ich, wenn das passiert? Eines kann ich mit absoluter Sicherheit sagen: Zu warten dass die Inspiration kommt, hat mir noch nie geholfen. „Inspiration exists, but it has to find you working“, hat Picasso ja auch schon gesagt. Und da ist wirklich etwas dran. Außerdem merke ich, dass mir das Schaffen immer dann am schwersten fällt, wenn ich es mir schwer mache. Wenn ich überdenke wo ich nicht weiter komme, mir Stress wegen Deadlines mache und meine Erwartungen an mich zu unrealistisch sind. Und dann hilft es nur einen Schritt …

Du bist (nicht), was sie aus dir machen

Zwischen gesellschaftlichem Druck und der eigenen Freiheit Viele kennen es, doch darüber sprechen tun die wenigsten. Egal, ob im Freundeskreis oder anderswo, der gesellschaftliche Druck, der von außen auf einen wirkt, ist immens. Als junge Frau setze ich mich tagtäglich damit auseinander. Ein Beispiel ist das ständige Rasieren. Frau soll weiblich sein und so aussehen, sich so anziehen und bewegen. Am besten noch ein strahlendes, selbstbewusstes Lachen auf dem Gesicht, als könnte ihr die Welt nichts anhaben. Doch warum? Warum ist da dieser Druck? Warum wirkt die Gesellschaft so auf uns? Oder gibt es diesen Druck etwa gar nicht? Ist er vielleicht nur ein Konstrukt der Fantasie, eine Art kreative Schöpfung? Fragen wie diese habe ich mir schon häufig gestellt. Ich habe versucht, sie zu ignorieren und einfach ich zu sein. Doch dann ist da diese Angst, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden und schiefe Blicke zu kassieren. Und schon ist man nicht immer und überall 100% man selbst. Es ist ein Teufelskreis, den wahrscheinlich viele kennen. Nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer. …

Wann denn nun? #Zeitgeist*in

Eine Biene landete auf dem Rand des Glases vor mir, gefüllt mit trübem Apfelsaft. Ganz vorsichtig balancierte sie auf dem schmalen, schimmernden Strich, untersuchte interessiert den Inhalt, stieß sich ab und flog wieder davon. Ein Balanceakt Ich drückte die vergoldete Gabel des Sonntagsgeschirrs meiner Oma durch den Birnenkuchen, bis sie durch den Boden auf den Teller krachte. Das Krachen füllte nur zäh die Stille, die sie mit ihrer eben gestellten Frage entstehen ließ. „Sag mal, wann wirst du eigentlich endlich mal schwanger?“ Das Gespräch mit Oma verlief eigentlich wie immer. Sie erkundigte sich über mein Studium, welche Projekte ich sonst so am Laufen hätte. Natürlich vergewisserte sie sich auch, ob ich in meiner Beziehung glücklich sei, es mir an irgendetwas fehle. Anschließend erzählte sie mir von ihrer Kindheitsfreundin Else, deren Hund letzten Dienstag plötzlich verstorben sei und dass es ihr seitdem eher bescheiden ginge. Wir beschlossen, ihr bei unserem Spaziergang nach dem Kaffee ein Stück Birnenkuchen vorbeizubringen. Überzeugt von ihrem wirklich schönen Plan, grinste Oma mich breit an. Dann folgte eben genau der Satz, der …

Eine Dosis geballter Stress

Ich muss. Ich muss Dies und ich muss Das. Ich muss können. Ich muss sein. Ich muss dir zeigen, dass ich das kann. Ich muss Das schaffen. Im Chaos meines Kopfes bin ich in Muss-Sätzen gefangen. Und dann fange ich an. Ich lese Texte, schreibe Protokolle und gehe Folien von Vorlesungen durch. Ich tue das so lang, bis mein Kopf vibriert, bis die Buchstaben auf dem Bildschirm verschwimmen, bis ich keine Luft mehr bekomme. Ich muss doch eigentlich weiter machen. Ich stehe auf, laufe leicht benommen durch den Raum. Leg mich kurz aufs Bett. Ich muss atmen. Ich muss runterfahren. Ich weine. In dem ganzen Chaos meines Kopfes vergesse ich, was mich glücklich macht. Und ganz rational gedacht, muss ich das alles gar nicht tun, woher kommt nur dieser Druck? Woher kommt dieses Gefühl, dass ich das alles nicht schaff, wenn ich nicht die ganze Zeit mach. Jetzt bin ich drauf. Das hier ist ein Rausch. Die Dosis geballter Stress katapultiert mich auf eine Fahrbahn, auf der ich beschleunige und immer schneller fahre. Ich muss …

Die Lücke im Lebenslauf

Ich hatte immer dieses eine Bild in meinem Kopf. Diese Vorstellung davon, wie mein Leben einmal sein wird. Schulabschluss, Studium, Beruf. Eine perfekte Laufbahn, keine Lücke im Lebenslauf. Doch dass das Ganze auch anders laufen kann, hatte ich nicht erwarten. Als sich meine Schulzeit dem Ende zu geneigt hat, gab es kaum einen Tag, an dem nicht darüber gesprochen wurde, was man denn nach der Schule so vor hat. Wir haben uns ewig über das Studienangebot an der Universität in unserer Stadt unterhalten, gingen auf Messen voll mit Ständen unbezahlbarer Privatschulen und wurden über mögliche Ausbildungen informiert. Ab und zu wurde auch mal eine Organisation erwähnt, mit der man ins Ausland gehen konnte, um dort armen Kindern zu helfen. „Kommt gut im Lebenslauf.“ Alles klar. Alles wird bis ins kleinste Detail geplant und es sollen möglichst keine Lücken entstehen. Wenn man sich erstmal eine Auszeit nehmen möchte oder noch gar keine Vorstellung davon hat, wie man den Rest seines Lebens verbringen will, wird man schräg angeguckt. Und so brannte sich dieses perfekte Bild von der …

Ich bin (niemals) gut genug.

Niemals gut genug & was Musik mir bedeutet Meistens kann ich, wenn ich unterwegs bin, in der Bahn sitze oder durch die Stadt laufe, keine Musik hören. Es ist mir zu viel, zu laut, es nervt mich. In Geschäften würde ich am liebsten alle Lautsprecher, aus denen Charts dröhnen so lange anschreien, bis jemand sie ausmacht. Ich liebe Musik unglaublich unfassbar unschlagbar. Aber nach 8 Stunden Musik machen, wahrnehmen und hören – jeden Tag, 7 Mal die Woche – genieße ich jede Minute Ruhe. Für dich ist Musik vielleicht ein Ruhepol, ein Ausgleich, es macht Spaß, sie zu hören und ist einfach schön. In meinem Leben gab es viele Momente, da hätte ich meine Geige am liebsten auf den Boden geschmissen und meine Geigenlehrerin angeschrien, warum ich jetzt zum zehnten Mal diese eine Stelle wiederholen soll; wenn sie immer noch nicht gut genug intoniert war, dann kann ich es anscheinend einfach nicht! Einmal habe ich meinen wertvollen Bogen tatsächlich vor Wut auf mich selbst, da ein paar Takte einfach nie so geklungen haben wie in …

Zu viel oder genau richtig?

„Bei uns gab es diese Möglichkeit ja noch gar nicht!“, „Sei froh, dass du deine Träume  ohne Einschränkungen ausleben kannst!“-das sind Sätze, die wir alle, so oder so ähnlich, bestimmt schon mal von älteren Generationen gehören haben und die auch erst mal so stimmen. Wir haben heutzutage die Möglichkeit, so gut wie alles zu tun, was wir wollen.  Willst du studieren? Mach doch! Willst du eine Ausbildung machen? Nichts wie ran! Willst du reisen? Let’s go! Egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, welche Sexualität: diese Möglichkeiten stehen jedem offen.  Natürlich ist das jetzt sehr lapidar ausgedrückt – es kommen noch viele Faktoren dazu, über die man sich Gedanken machen muss und die unserem Tatendrang entgegengesetzt werden, wie zum Beispiel die Finanzen. Aber auch hier hat unsere Generation die besten Karten: Studienkredite, Bafög, Stipendien – in Bildung wird immer gern investiert.  Trotzdem hatten diese Sätze für mich schon immer einen bitteren Beigeschmack. Wenn man alles machen kann, was will man dann überhaupt? Wenn man alles erreichen kann, wann ist es dann genug? Ist man demotiviert, nicht ambitioniert …