Autor: Melis

Heute bin ich müde #wir

Unsere Autorin Melis beschäftigt sich in ihrem neuen Text mit einem Thema, das für viele auf den ersten Blick einer individuellen Erfahrung ähneln mag. Dabei steckt dahinter so viel mehr: ein strukturelles Problem, von dem zu viele Menschen in diesem Land betroffen sind. Wir bewegen uns tagtäglich in den unterschiedlichsten Räumen. Sie sind groß, klein, eng und weit. In den letzten Jahren habe ich mich vor allem in weißen Räumen aufhalten müssen. Nun habe ich realisiert, dass mir die Erfahrungen, die ich in solchen Räumen machen musste, schwerer im Magen liegen als ich mir bisher eingestehen wollte. Und darum soll es in diesem Text gehen. Ich frage mich: „Gibt es einen Weg da raus?“ Ich bin müde, weil ihr mich müde macht.Ich bin müde, weil ich in den letzten Jahren Räume betreten habe, in denen ich nicht so sein durfte, wie und wer ich wirklich bin.Ich bin müde, weil ihr euch die größte Mühe gebt, mir meine kostbare Energie zu entziehen.Ich bin müde, weil ich mich jahrelang in Räumen aufgehalten habe, die geschaffen wurden um …

Du lächelst, während wir sterben #wir

TW: Rassismus, Tod Du hältst ein Schild in der Hand und lächelst.Das weiße Privileg auf deinen Lippen, das weiße Privileg in deinem Gesicht.Du hältst ein Schild hoch und lächelst.Das weiße Privileg umgibt dich voll und ganz.Du hebst ein Schild in die Höhe auf dem geschrieben steht: “RASSISMUS IST DAS PROBLEM!”. Das weiße Privileg, es ist hier und ich kann es sehen.Das weiße Privileg, es ist hier und ich kann es fühlen.Es schmerzt. Während ich lese, was auf all den Schildern geschrieben steht, in großen und kleinen Buchstaben, in bunten und nicht so bunten Farben, geht mein Herz auf.Ich bin voller Hoffnung.Während ich in eure Augen, in eure Gesichter blicke, fühle ich mein Herz immer mehr brechen.Ich bin voller Verzweiflung. Du hältst ein Schild hoch und denkst damit wäre es getan.Während viele von uns weinen.Kein Lächeln auf unseren Gesichtern, während wir schreien: “NIE WIEDER!”.Kein Lächeln auf unseren Lippen, während wir schreien: “ES WAR KEIN EINZELFALL!”. Du hältst ein Schild hoch und denkst es wäre genug.Du hältst ein Schild hoch und fühlst dich gut dabei.Während viele von …

380 Tage Hanau #wir

TW: Rassismus, Rechtsextremismus, Rassistische Gewalt, Tod Heute vor 380 Tagen wurden neun Menschen bei dem rassistischen und rechtsextremen Anschlag von Hanau ermordet. Auch heute erinnern wir daran.Auch heute gedenken wir: Hamza Kurtović Gökhan Gültekin Vili-Viorel PăunFerhat UnvarMercedes KierpaczFatih SaraçoğluSedat GürbüzSaid Nesar HashemiKaloyan Velkov 19-02-2020 Es ist der 19. Februar 2020.Ich bin in meiner Wohnung und gerade aufgewacht als ich davon erfahre. Ich weiß noch immer, was ich an diesem Tag getan habe. Was hast du an diesem Tag getan?Ich weiß noch genau, wie ich auf meinem Sofa saß und versucht habe, mit Tränen in den Augen zu essen.Ich weiß noch immer, wie ich versucht habe zu funktionieren.Ich weiß noch immer, was ich gefühlt habe. Ich kann es heute noch immer fühlen.Was hast du an diesem Tag gefühlt?Ich weiß noch immer, wie Menschen um mich herum lachten und sich amüsierten als wäre nichts gewesen.Ich weiß noch immer, wie mein Herz Stück für Stück zu brechen begann.Wie ging es deinem Herzen?Dieser Tag, der 380 Tage zurückliegt, fühlt sich gar nicht so weit weg an. Als wäre es …

2021 – Der Rassismus bleibt! #wir

TW: Rassismus, Polizeigewalt, Tod Das Jahr 2020 hatte es in sich. Es ist geschehen, was viele von uns nicht für möglich gehalten hätten. Ereignisse, die uns vor Augen geführt haben, wie privilegiert doch viele von uns sind. Ereignisse, die uns an unsere Sterblichkeit erinnert haben. Ereignisse, die gezeigt haben, dass strukturelle Ungerechtigkeit ein Teil dieses Landes ist.Das Jahr 2020 liegt nun hinter uns. Doch endet mit ihm auch der Rassismus? Endet mit ihm die rassistische Polizeigewalt? Enden mit ihm die Rassismuserfahrungen, die marginalisierte Menschen in diesem Land Tag für Tag erleiden?LAUT UND DEUTLICH: NEIN!Deswegen kann und muss 2021 das Jahr sein, in dem Rassismus weiterhin bekämpft wird. Für eine gleichberechtigte Zukunft aller in diesem Land lebenden Menschen! 2020 – Kein Jahresrückblick Freude, Trauer, Wut, Glück, Ohnmacht. Wer hat sie im letzten Jahr nicht verspürt? All diese Emotionen, die das Jahr 2020 in mir ausgelöst haben.Das Jahr der unvorhersehbaren Ereignisse. Wer hätte damit gerechnet, dass 2020 all diese Momente und Herausforderungen für uns bereit hält? Ich sicherlich nicht. Und noch einmal hat mir das Leben gezeigt, …

So, wie ihr uns haben wollt… #wir

…werdet ihr uns nicht bekommen! Hast du dir schon einmal die Frage stellen müssen, wo du hingehörst? Ob es vielleicht sogar an dir liegt, dass du hin und wieder das Gefühl hast, hier nicht angekommen zu sein? Obwohl es keine Frage des „Ankommens“ sein sollte. Denn du bist doch schon hier, inmitten anderer Menschen. Du lebst hier und das ist auch gut so!Jedoch gibt es Menschen in diesem Land, die ausgrenzen, Hass verbreiten und spalten.Es braucht eine Gegenbewegung dazu. Findet ihr nicht? Wir versus Ihr. Eine Aussage, die nicht spurlos an mir vorbeigeht.Sie hinterlässt Bilder in meinem Kopf, die von außen an mich herangetragen wurden. Es sind Bilder, die ich angefangen habe, von klein auf zu malen. Mir wurden ein paar Stifte in die Hand gedrückt, mit denen ich all diese Bilder ausmalen sollte. Dabei waren die Umrisse vorgegeben, sodass ich allein in der Auswahl der Farben frei sein konnte. Ich bin frei, aber ich bin es nicht. Mit der Zeit wurden diese Bilder ausgemalt, es wurden Fortsetzungen angefertigt, die Bilder wurden immer größer, sodass …

Wir sind es (nicht) wert! #wir

Alle Menschen sind gleich. Alle Menschen in diesem Land sind gleich. Dieser Gedanke ist vermutlich in den Köpfen vieler Menschen. Zugegeben, es ist ein sehr schöner Gedanke. Jedoch fällt in der Auseinandersetzung mit diesem Thema schnell auf, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Die (Un)gleichheit der Menschen Sollten alle Menschen gleich sein? Ja! Werden alle Menschen in diesem Land gleich behandelt? Nein! Also, noch einmal: Alle Menschen sind gleich. Alle Menschen in diesem Land sind gleich. Richtig? Falsch! Recht schnell stößt man auf einen Widerspruch, sieht man sich auf der einen Seite die Inhalte des Grundgesetzes an und auf der anderen Seite reicht ein – für mich persönlich und für viele andere Menschen auch – kurzer Blick auf die Gesellschaft, in der wir leben. Was ist das für ein Widerspruch, welche Unterschiede sind erkennbar, wenn Grundgesetz und Realität oder das wahre Leben miteinander verglichen werden? Grundgesetz, sag‘ mir, wie stehst du dazu? Hierfür sollten wir zunächst einmal einen Blick ins Grundgesetz werfen. Wir haben hier dessen ersten Artikel. Den Artikel, den die meisten von euch …

No Justice, No Peace! #wir

TW: Rassismus, Rassistische Polizeigewalt 114 Tage. Vor 114 Tagen wurden neun Menschen aus rassistischen Motiven in Hanau von einem Rechtsextremisten getötet. Mercedes, Hamza, Said Nesar, Ferhat, Vili Viorel, Gökhan, Sedat, Kaloyan und Fatih. 63 Tage. Vor 63 Tagen habe ich meine Gedanken und Gefühle zu Papier gebracht und einen Text über das Erinnern und gegen das Vergessen geschrieben. Die Namen der getöteten Menschen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. 18 Tage. Vor 18 Tagen, am 25. Mai 2020, hat George Floyd seinen letzten Atemzug gemacht, bevor er von vier Polizisten in den USA getötet wurde. Weitere X Tage. Wie viele Tage werden vergehen bis die nächsten Menschen aus rassistischen Motiven getötet werden? Nach der Ermordung von George Floyd kam es unter anderem während der Proteste gegen Polizeigewalt zu weiteren Tötungen Schwarzer Menschen durch die Polizei. Bereits vor dem 25. Mai wurden in den USA, in Deutschland und in anderen Ländern Schwarze Menschen durch rassistische Polizeigewalt getötet. Kennt ihr ihre Namen? Kennt ihr ihre Geschichten? Oury Jalloh, 37 Jahre. Eric Garner, 43 Jahre. Michael Brown, 18 Jahre. …

Wir vergessen nicht #wir

Ich möchte dieses Mal mit einem kurzen Vorwort beginnen. Der Text, den ihr gleich lesen werdet, unterscheidet sich um Einiges von meinen zuvor veröffentlichten Texten. Er ist persönlich und es ist mir eine Herzensangelegenheit, über dieses Thema zu schreiben, denn es beschäftigt mich seit Jahren. Ich kann sagen, dass ich, solange ich denken kann, nie das Privileg hatte, mich mit diesem Thema nicht auseinandersetzen zu müssen. Es ist ein Teil meines Lebens. Ich kenne nichts anderes. Die anderen von mir verfassten Texte bedeuten mir natürlich auch sehr viel, jedoch verspüre ich beim Schreiben dieses Textes den Druck alles richtig machen zu müssen, denn ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe. Vor der Aufgabe meine Gedanken mit euch zu teilen, mich angreifbar zu machen und dabei allen, die sich mit dem Inhalt identifizieren können, eine Stimme zu geben und ihnen das Gefühl zu vermitteln, nicht alleine zu sein. Außerdem möchte ich ebenso Menschen erreichen, die bisher kaum oder gar keine Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Dies ist aber auch eine Gelegenheit, euch zum Nachdenken und zur …

In Zeiten wie diesen #wir

In Zeiten wie diesen wird das für unmöglich Gehaltene möglich. In Zeiten wie diesen wird das Unsagbare sagbar. In Zeiten wie diesen liegen Gut und Böse nahe beieinander. Was vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre, ist heute kaum noch wegzudenken oder wegzubekommen. Das kann sowohl positive, als auch negative Konsequenzen haben. Sind diese Zeiten etwa wilde Zeiten? Um das Abstrakte etwas greifbarer zu gestalten, soll im Folgenden eine kleine Analyse dessen vorgenommen werden, was in den letzten Monaten zu beobachten war. Dabei nehmen die sozialen Netzwerke eine essentielle Rolle ein. Abzweigungen Stellen wir uns das Internet wie einen prächtigen Baum vor: Der Baum ist im Besitz mehrerer Äste, die andersartig gewachsen sind. Äste, die dick und lang sind. Äste, die schmal und kurz sind. Äste, die kahl sind, Äste die mit prächtigen grünen oder andersfarbigen Blättern versehen sind. Äste, die an Blättern verlieren und Äste kurz vorm Absterben. Der Baumstamm stellt die sozialen Netzwerke dar, die in Gebrauch vieler Menschen sind. Menschen verschiedener Couleur befinden sich unter ihnen. Sie bewegen sich in dem Stamm hin und …

Eine Welt voller Welten #wir

Die Welt, in der wir leben, wird nicht nur von Milliarden von Menschen bewohnt, sie ist auch eine Welt, in der sich viele weitere Welten finden lassen. Gibt es also nicht nur diese eine uns allen bekannte Welt? Meine Antwort darauf: Nein. Unsere Welt besteht aus mehreren, individuell gestalteten Welten.  Welten inmitten unserer Welt Habe auch ich meine eigene Welt? Ja, ich habe meine eigene Welt.  Ich lebe in meiner eigenen Welt. Diese Welt ist mein Zufluchtsort, mein Ruhepol, mein Eigenes. Sie ist all das, was ich brauche, um mich in dieser großen, teils unübersichtlichen, an manchen Tagen überfordernden Welt zurechtzufinden. Gehe ich in ihr verloren, so kann ich jederzeit meine eigene, meine innere Welt betreten und mich in ihr gehen lassen.  Meine Welt gibt mir die Möglichkeit, zurück zu mir selbst zu finden und mich auf mich selbst zu besinnen.   Meine Welt ist wie eine Tankstelle, die ich aufsuchen kann, um verloren gegangene oder aufgebrauchte Energie zu tanken. Meine Welt gestalte ich mir nach meinem persönlichen Geschmack, schmücke sie mit Meinungen und Haltungen, die …