Monate: März 2022

Der Blickwinkel auf die Situation

Man arbeitet immer auf etwas hin. Auf etwas, nachdem man das Ziel erreicht hat, was das Leben erleichtert und hofft, dass eseinen bereichert.Doch wann hört dieser Kreislauf auf, wann ist die Luft raus.Man arbeitet auf Maximum doch ist am Minimum und es scheint, als ob die Zeit nichtrumgeht, obwohl das Ziel schon so gut wie im Raum steht.Und könnt‘ ich doch das schaffen, würd ich doch das lassen, dann wäre, dann wäre es anders.Doch den Anlass vergisst man und es ist zu spät dann, um aus dem Kreislauf raus zukommen, denn das Ganze hat begonnen und dich, sowie deine Zeit, eingenommen.Nichtsdestotrotz macht man es für ein Ziel, richtig?Und es erscheint doch auch echt wichtig, doch die Gedanken sind verschwommen.Vom idealisierten Bild verkommen.Also versuchst du einem Strang zu folgen.Suchst nach dem richtigen Weg, willst du vielleicht einfach nur weg?Weg von dem immer fortlaufenden Gedankenkreislauf.Doch was wird danach folgen?Planlos.Planlos übers leben.Was musst du geben, um das zu erreichen, wofür dein Herz schlägt.Es erscheint sinnlos.Sinnlos, weil es im Endeffekt eh anders sein wirdEs dich aber doch zersägt.Deine Gedanken …

„Ich wünsche mir, dass meine Musik bei denen landet, die sie brauchen“ #Wie ist es eigentlich…?

Für die dritte Ausgabe von #Wie ist es eigentlich…? treffe ich den Songwriter Pablo Brooks. Pablo ist 19 Jahre alt und wohnt in Berlin. Im November 2021 brachte er seine Debüt-EP „Not Like The Movies“ raus. Wir sprechen über die Lügen, die uns Coming-of-Age-Filme erzählen, über Pablos ersten Song, das erleichternde Gefühl verstanden zu werden und Zukunftspläne (oder die Abwesenheit davon). Pablo, wie ist es eigentlich ein aufsteigender Musiker zu sein? Ich sitze in einem Café in Friedrichshain. Die Wände sind in einem kräftigen Blauton gestrichen, die Tischplatten aus hellem Holz, transparente Glaslampen baumeln von der Decke. Hinter mir sitzen Studierende, die angestrengt in ihre Laptops starren, vorne links schlürfen zwei Männer ihre Flat Whites aus bunten Keramiktassen. Alles ist so, wie sich meine Freund*innen aus der Heimat ein hippes Berliner Café vorstellen. Ich muss zugeben, mich in diesem Klischee inzwischen wohl zu fühlen. Vielleicht, weil es mir nach fast zwei Jahren in Berlin so vertraut geworden ist. Den Ort hat Pablo Brooks, der eigentlich Pablo Mühle heißt, vorgeschlagen. Pablo und ich kennen uns zu …

Sommerregen

Sie bemerkte den Regen als Erste. Ich konnte den Tropfen noch sehen, wie er langsam an ihrer Wange hinunterlief. In ihren Augen machte sich die Erkenntnis breit, doch bevor diese auch nur die Chance hatte, in ihrem Mund anzukommen, sagte ich leise: „Es regnet.“ Sie schenkte mir ein zustimmendes Lächeln. Das Wasser reflektierte jedoch noch das gleiche Hellblau des Himmels, wie es es schon den ganzen Tag tat. Das war der Sommerregen. Das ist diese Art von Regen, die den Himmel nicht in graue Wolken hüllt und die Sonne mitsamt der blauen Farbe des Himmels dahinter verschwinden lässt. Dieser Regen ist kühlend und rettet uns vor der brennenden Hitze. Er ist wie ein Liebesgedicht; wie die Tränen kurz vor dem Happy End. Die langsam fallenden Tropfen schlugen kleine Wellen auf der Wasseroberfläche. Ich sah nach oben. Die tief stehende Sonne ließ die Regentropfen wie kleine Edelsteine funkeln. Auch meine Wangen waren nun befeuchtet vom Sommerregen. Doch wir fingen nicht an schneller zu gehen, so wie es die anderen Passant*innen um uns herum taten, um nicht …

Mehr Performance als Genuss #offenherzig

Ist dir schon mal aufgefallen, dass man meist mehr beleidigende und negativ konnotierte Begriffe für die weiblichen Geschlechtsorgane kennt, als positive oder neutrale? Klingt erst einmal nicht allzu fatal – aber was diese weitreichende negative Sozialisierung für Menschen mit Vagina mit dem eigenen Verhältnis zum Intimbereich anstellt und was für Auswirkungen das auf das Sexleben hat, besprechen Alina und Mira in dieser Kolumnen-Ausgabe von #offenherzig. mehr performance als gefühlemehr druck als die liebeliebe, ins detailund in den mut, der in dir verweilt. Wie stark Themen wie Oralsex und Selbstbefriedigung mit dem Bereich der Selbstliebe verknüpft und von patriarchalen Strukturen durchzogen sind, fiel mir besonders ins Auge als ich mich vor Kurzem mit dem Ungleichgewicht innerhalb meines Sexlebens beschäftigte. War ich doch bislang nicht wirklich dazu ermutigt worden, mir Gedanken darüber zu machen, was meine eigenen Vorlieben und Interessen sein könnten – schließlich lag der Fokus im Laufe meiner sexuellen Erfahrung meist auf meinen Sexpartnern: cis Männern. Nun stellte sich mir jedoch die Frage: Wie konnte es überhaupt passieren, dass ich diesen absurden Gedanken so stark …

Umzäunter Himmel

Trigger Warnung: Der Text behandelt psychische Erkrankungen (Depression, Angst, Schizophrenie, Borderline) und suizidale Gedanken. Die Namen der Personen im Text sind verfremdet.  Es war ein bedrückend heißer Julitag, als ich in den umzäunten Himmel blickte und Hunger hatte. In der Klinik gab es Mittagessen, aber das hatte immer einen seltsamen Nachgeschmack.  Manchmal fragte ich mich, ob das Personal wusste, dass sie für Menschen kochten, die keine Freude am Leben finden konnten. Es war offensichtlich, dass die Einrichtung unterfinanziert war. Ständig fielen Therapiestunden aus und die meiste Zeit verbrachte ich im Aufenthaltsraum und redete mit Mitpatient:innen, die nichts mit mir gemeinsam hatten.  An meinem ersten Tag in der psychiatrischen Tagesklinik stand ich im Flur und empfand eine Mischung aus Trotz und Trauer: Wie konnte ich hier landen? Ich hatte alles richtig gemacht: Abitur mit Einserschnitt, Stipendiatin, Journalismus-Studium. Seit meinem 14. Lebensjahr war alles in meinem Leben darauf ausgerichtet Anerkennung zu erhalten, erfolgreich zu sein, einen Platz in der Welt der Elite-Unis und Traditionszeitungen zu finden. Warum war ich dann nach Wochen voller Panikattacken zusammengebrochen und hatte mich im Garten …

Wenn du mal wieder in meinem Kopf bist

Halb zwei Uhr nachts. Wenn ich mal wieder nicht schlafen kann, bist du in meinen Kopf.Ich will dich jetzt!In meinen Armen und zwischen meinen Beinen. Ich will Blümchensex und deine Königin sein. Ich will diskutieren und nicht immer recht haben. Ich will die Sonne auf meiner Haut spüren und dich neben mir liegen sehen.Ich will pure Romantik und langweiliger Alltag für dich sein. Ich will alles und wieder nichts.Eine törichte Zeit, darauf zu vertrauen, dass wir zusammenbleiben. Ein lächerlicher Gedanke zu glauben, du meinst es ernst!Jedes Wort von dir, eine Lüge. Wie ein Meister sein Spiel beherrscht, so hast du mich beherrscht. Bei jedem Wort hing ich an deinen Lippen, hab alles in mich aufgesaugt. Jeden Fehltritt und jede Beleidigung unter den Tisch gekehrt. Für deine Freund*innen ein Lächeln aufgesetzt. Ich war betäubt von meinen Gefühlen. Du warst betäubt von Bier, Wodka und allem Möglichen.  Ich bin zu einer Puppe geworden. Einer Puppe mit langen Haaren, säuberlicher Kleidung und einem aufgesetzten Lächeln. Nichts erschien mehr echt. Du warst mein Fels, mein Anker und mein fester Stützpunkt. Ohne …

In Erwartungen gepresst #gedankenkarussell

Erwartungen können von einem selbst kommen, oder aus der Umgebung, manchmal sogar unbewusst. Wie möchte ich leben? Welche Entscheidungen treffe ich, weil ich sie so möchte? In diesem Text geht es darum, wie bestimmte Erwartungshaltungen Druck ausüben und wie es ist, sich selbst zu finden. 12. November Eine meiner größten Ängste ist, dass ich nicht genug Zeit habe für all die Dinge, die ich gerne tun würde. Da sind so einige Interessen, denen ich gerne nachgehen würde. Ich möchte herausfinden, ob sie mich wirklich interessieren, oder ob ich nur das Gefühl habe, ich müsste mich dafür interessieren, um in ein bestimmtes Bild zu passen – aber mir fehlt die Zeit, und die Kraft.  Ich habe nie so sehr über das alles nachgedacht wie zur Zeit. Und ich habe das Gefühl, in diesem Jahr außerhalb des Lebens zu stehen und darauf zu blicken, als wäre ich kein Teil davon.  Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen kann, oder was ich tun soll, damit es aufhört.  23. November Ich denke, ich müsste mehr tun. Ich sollte mehr …

Zwischen Palettensofa und Kinderbett

Ich bin erwachsen genug, um mir eine teure Matratze zu kaufen und passendes Geschirr zu haben. Bin alt genug, um mir mein tägliches Leben so einzurichten, dass es sich gut anfühlt. Irgendwie habe ich gedacht, es dauert noch – bis ich mir eine gute Kamera kaufe, ein Klavier zu Hause steht oder bis ich meinen Wein nicht mehr aus Ikea-Gläsern trinke. Und irgendwie habe ich auch gedacht, ich fände das noch gut. Bis gestern. Ich steige aus der U-Bahn aus und der eisige Berliner-Winterwind weht mir ins Gesicht. Es ist ein Freitagabend im Februar, wir haben uns zum Abendessen verabredet. 19 Uhr bei euch zu Hause. Und als ich die Straße entlang zu eurer Wohnung gehe, fühlt es sich seltsam vertraut an. Ich überlege, wann ich das letzte Mal bei euch war und es ist bestimmt schon vier Jahre her. Der Türöffner surrt ich und laufe die Treppen in den vierten Stock.  Wir umarmen uns zur Begrüßung, ich lege meine Einkäufe ab und wir fangen in der Küche direkt an zu schnippeln. Es fühlt sich …