Ich weiß noch, dass sie damals an die Sojamilch gedacht hatte.
Und an eine Decke, die so groß war, dass wir beide, Beine und Arme von uns gestreckt, auf ihr liegen konnten, ohne uns zu berühren. Ich weiß auch, dass der Wind aus ihrer Richtung kam und ihren Geruch auf der Lichtung verteilte. Sie hatte ein blaues und weites Kleid an, ihre Haare waren zusammengebunden. Ihre Augen spiegelten meine Euphorie wider, meine Euphorie, wieder neben ihr liegen zu können. Ich erinnere mich, dass ich am Anfang versuchte sie nicht ständig anzuschauen, jedoch bald aufgab es zu versuchen. Wir tranken Kakao und schälten Mandarinen. Als Kinder haben wir mal Mandarinen in der Badewanne gegessen. Dann haben unsere langen Haare eine Woche lang nach Mandarinen gerochen und alle in der Schule wollten wissen, was das für ein Shampoo sei. Da mussten wir grinsen und gaben uns einen Blick, der für alle anderen nichtssagend war, für uns aber ein ganzes Buch bedeutete. Als wir älter wurden, hörten wir irgendwann auf miteinander zu baden. Ich habe vergessen warum. Wir hörten auf, nur sonntags zu baden und duschten täglich, jede für sich. Irgendwann macht man Dinge ein letztes Mal und weiß nicht, dass es das letzte Mal gewesen ist. Und wenn einem bewusst wird, dass dieses eine Mal das letzte Mal gewesen ist, ist es zu spät dafür, es wieder zu tun.
Wir würden niemals wieder Mandarinen in der Badewanne essen.

Als ich zu Hause ankam, rochen meine Hände nach dem Händewaschen immer noch nach Mandarinen. Ich saß an diesem Abend lange vor dem Telefon. Der Geruch der Mandarinen hatte sich in mir eingenistet, wie der Gedanke nicht mehr ohne sie sein zu können. Mir wurde bewusst, dass der Stillstand meiner Gedanken, ebenso wenig möglich war, wie das Anhalten der Zeit. Unbehagen machte sich breit.
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In diesem Universum, waren ausgerechnet wir, zur gleichen Zeit, am gleichen Ort, dieser Welt beigetreten, um uns zu begegnen. Wir drehen uns so schnell und bekommen nichts davon mit, außer dass die Monde kommen und gehen, genauso wie die Jahre und ihre Zeiten. Unser Haar wird länger und dichter und Menschen die Unbekannte waren, werden zu Freunden und Freunde zu Fremden. Zwischen Friseurterminen und nachwachsenden Haaren, Freunden und Fremden, Manderinenschalen und zu starkem Kakao, sind wir füreinander da. Während die Welt da draußen jeden Tag neu erwacht und sich selbst dabei zusieht, mehr und mehr zu zerfallen, sind wir da. Und an manchen Tagen steht sie still und wir drehen uns im Kreis, hoffen auf ein besseres Morgen, auf eine Zukunft, in der wir unseren Kindern von Totoro und Trauerweiden erzählen können.
Pauline ist achtzehn, spielt Theater und schreibt neben Kursarbeiten ihre Gedanken und Verwirrung über das Leben auf. Genauso schnell wie ihr Farbfilm, werden auch ihre Notizbücher voll und manchmal entstehen Texte wie diese.
Collage von Imina
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