Monate: Juni 2021

Schmerzgrenze

STAATSGRENZEN SPRACHGRENZEN ARMUTSGRENZEN ALTERSGRENZEN SCHMERZGRENZEN Sie begrenzen mich, aber ich bin grenzenlos. Mein Körper, meine Seele, eine Karte, die bisher nur meinen Umriss zeigt. Keine Binnengrenzen. Kein „bis hierhin und nicht weiter.“ Keine Grenzsoldaten, die akribisch jeden kontrollieren, der auf meiner Seele sein beschissenes Badehandtuch ausbreiten will. Mit der Zeit werden sie kommen, sie, die Landvermesser, die Kolonialherren, welche die Grenzen mit dem Lineal zu ziehen versuchen und dabei die ganzen Feinheiten meiner Seele, meines Körpers übersehen. Oder nicht sehen wollen. Ihre Grenzen werden mein Korsett. Mit ihnen kann ich vor den Augen der Gesellschaft aufrecht stehen. Es wird eine Weile dauern, bis ich merke, dass ich nicht mehr richtig atmen kann. Zunächst wird mein Atem immer flacher werden. Keine zu hastige Bewegung, alles ist kontrolliert. Wenn sie schauen dann lächele ich. Jedes Mal ein Kraftakt. Mit jedem flachen Atemzug, immer zu wenig Sauerstoff, immer viel zu kurz, wächst in mir das Verlangen nach Freiheit. Freiheit kann einem niemand schenken. Freiheit muss man sich selbst erschaffen. Das weiß ich jetzt, aber früher, da wusste ich …

Interview mit dem BBQ-Podcast

Im Zuge unserer Medien-Kooperation mit der TINCON durften wir Dominik und Zuher vom BBQ (Black Brown Queeren)-Podcast interviewen! Den beiden ist es ein Anliegen, BIPoC & queere Perspektiven durch ihre Arbeit mehr in den öffentlichen Diskurs zu rücken. Falls ihr neugierig nach dem Interview geworden seid, geht’s hier zu ihrem Podcast! Emi: Stadt oder Land? Dominik: Stadt! Zuher: Stadt. Zumindest jetzt. Also wer weiß? Aktueller Status: Stadt. Imina: Ihr macht ne Grillparty in 2021. Wen oder was roastet ihr auf den Grill? Zuher: Uhh. Ich roaste die AfD. Und zwar literally. Ich will einige von denen wirklich auf den Grill packen und einfach nur brutzeln sehen (lacht). Ey, das Magazin heißt doch TIERINDIR, das ist meine animalische Ader! Dominik: Ja, ich glaube ich roaste Vorurteile.  Emi: Was hilft Euch durch den nächsten Lockdown? Dominik: Tatsächlich habe ich die Zeit genutzt, um ganz viel Podcasts zu hören. Zum Beispiel „Halbe Kartoffel“ oder „Feuer und Brot“, „Die Realitäter*innen“ oder auch „Paardiologie“. Und ich hab tatsächlich auch wieder angefangen zu lesen, das habe ich davor irgendwie so ein bisschen vernachlässigt.Zuher: Ich habe auch …

Der #wahltag naht

Früher oder später sehen wir uns alle damit konfrontiert: wählen gehen. Das Privileg der Demokratischen Mitbestimmung besteht aber aus mehr, als nur zwei kleine Kreuzchen zu setzen. Wie wir uns damit fühlen eine Entscheidung zu treffen und wie es uns stellenweise auch überfordert an der Mehrheitsverteilung in Parlamenten mitzuwirken, erfährst Du in diesem Text.  Papier mit Bedeutung Es waren zwar nur ein paar Striche mit dem Kuli, aber es fühlte sich besonders an, als ich zum ersten Mal wählen gehen durfte. Erstmal ‘nur’ die Bezirksverordnetenversammlung, doch es war trotzdem aufregend für mich, den Gang zur Wahlkabine anzutreten. Seit ich klein war, durfte ich meine Mutter alle Jahre wieder zu den Wahlgängen begleiten. Natürlich musste ich, als es ans Kreuzchen setzen ging, vor der Wahlkabine warten und habe mich seitdem gefragt, was denn so Spannendes hinter den drei grauen Wänden passiert. Zusammengefaltet und diskret in einen hohen Kasten gesteckt, war die demokratische Stimme versiegelt. Das war’s schon? Keine Luftschlangen, Ballons oder Jubel? Wählen ist leider kein Kindergeburtstag. Aber deshalb nicht weniger wichtig! Das unbeschriebene Blatt bekommt …

More than friends, less than lovers

Ich glaube, mit manchen Menschen ist es einfach so, dass sie auf unerklärliche Weise mit dir verbunden sind. Eine Verbindung, die von allen im Raum gespürt wird, auch wenn sie niemals angesprochen wird.  Und da ist diese Verbindung zwischen uns.Erst gestern habe ich sie wieder gespürt, nach einem Bier im Park, die Wangen gerötet von Sonne und Alkohol und all den Menschen, die wir getroffenen haben nach so langer Zeit, von all den Unterhaltungen, die so lange nicht geführt werden konnten, weil wir uns nicht gesehen haben. Gerötete Wangen von all den aufregenden Wegen, die wir jetzt gehen werden nach dem Sommer, all den Geschichten die geschrieben werden. Und auch wir haben uns wieder gefunden, geredet, haben Pizza für alle geholt und von null auf hundert, habe ich die Verbindung gespürt. Da warst nur noch du auf meinem Radar und ich merkte auch, dass dein Blick wieder häufiger zu mir abschweifte.Und auch wenn du jetzt sagst, dass da nichts ist, ich spüre es. „Ich würde lügen, würde ich sagen, dass da gar nichts ist, vielleicht nicht …

Ausbeutung, but make it queer

Pünktlich zum Pride-Month packen auch dieses Jahr im Juni große Konzerne die Regenbogenbogenfarben aus, um ihre Läden, Logos, Websites und Produkte LGBTQ+-freundlich erscheinen zu lassen. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Konzerne tatsächliche Veränderungen an den Lebensbedingungen queerer Menschen bewirken oder sich einfach nur mit der Regenbogenflagge schmücken wollen. Das Zurschaustellen der eigenen vermeintlichen Queerfreundlichkeit, um sich als modern und progressiv darzustellen, bezeichnet man als Pinkwashing. Dabei polieren Unternehmen durch ihre scheinbare Solidarität mit queeren Menschen ihr Image auf. Die materiellen Verhältnisse dieser Menschen ändern sich dadurch allerdings nicht. Konzerne als LGBTQ+-Botschafter*innen? Der Konzern Daimler ruft dieses Jahr seinen eigenen „Daimler Pride Month“ aus. In einem Video erzählen verschiedene CEOs, wie viele homosexuelle Menschen sie in ihrem Umfeld kennen und wie wichtig es ist, sich für queere Menschen einzusetzen. Wie sie das, abgesehen von ein paar Coming-Out-Workshops für ihre Mitarbeiter*innen, umsetzen möchten, bleibt unklar. Immerhin entlarven sie sich durch die Beschreibung ihrer Intention selbst: „Wir sind davon überzeugt, dass Menschen motivierter, leistungsfähiger und zufriedener sind, wenn sie sich mit ihrer Persönlichkeit und Identität so …

Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin fremd in meinem eigenen Leben

Ein Telefonat in der Pandemie bei Nacht. Und wir teilen Gefühle, von Konstanz bis nach Berlin. Wir vermissen alle etwas. Uns fehlen die Konzerte, die Kneipenbesuche, das Kino und die Umarmung  zur Begrüßung. Die spontane Reise übers Wochenende und die WG-Party mit unseren Freunden.  Trotzdem geht es uns gut – sagen wir. Wir vermissen ja alle etwas. „Aber wir kommen damit zurecht,  haben ja trotzdem so viel.“ Und es stimmt, wir kommen zurecht, wir haben viel. Die meisten von uns  sind sehr privilegiert und es gibt so viele Gründe dankbar zu sein. Und das bin ich. Trotzdem fehlt  nicht nur „irgendwas“. Was fehlt, ist auch ein Teil von mir.  „Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin fremd in meinem eigenen Leben“, sagst du am Telefon und  ich höre wie das Feuerzeug mehrmals zischt, als du dir eine Zigarette anzündest. Du stehst auf  deinem Balkon in Berlin und ich sitze hier in meinem WG-Zimmer in Konstanz, am anderen Ende von  Deutschland. „Ja“, sage ich. „Es fühlt sich so an, als wäre ich noch da, aber als …

Alles in deinem Tempo #heiterbiswolkig

Mit jemand neuem zusammen zu wohnen ist aufregend genug, aber was, wenn dieser neue Jemand ein Hund ist? Wie das ist, wenn ein Tier in eine WG zieht und welche Erwartungen damit einhergehen, damit beschäftigt sich unsere Autorin Carolin in diesem Text. Die Nacht bevor du gekommen bist habe ich kaum geschlafen. Meine Gedanken haben sich überschlagen und ich war so aufgeregt. Wie würde wohl alles sein wenn du endlich da bist? Würdest du uns mögen, dich hier wohlfühlen? Verstehen dass du jetzt hier wohnst und wir deine Menschen sind? Ich war so aufgeregt. Und dabei bin ich nicht mal die, zu der du gehörst, denn ich wohne nur mit dir. Und trotzdem bist du mir wichtig, bist du auch meine Verantwortung. Wir kennen uns noch nicht gut und trotzdem habe ich schon viel von dir gelernt. Zum Beispiel wie natürlich und gut es ist Pause zu machen, denn das machst du am liebsten. Einfach liegen und schlafen, liegen und schnuppern, liegen und Beobachten. Zeit nehmen alles zu verarbeiten. Ich brauche das auch und vergesse …

Immer wieder zurück zu dir

Ich wollte die Jacke unbedingt haben. Diese Jacke von der einen Marke, die in der Schule alle trugen. Ich wollte cool sein, die Trends mitmachen, zeigen, dass ich dazugehöre. Zu meinem Geburtstag bekam ich sie dann. Sie war warm, aus einer Art Teddymaterial und dick genug, um kein Quäntchen meiner Unsicherheit nach außen zu lassen. Ich trug sie immer so, dass das Logo der Marke auf dem Schulhof aus einigen Metern Entfernung zu erkennen war. Doch der weiche Stoff und die glänzenden Lettern auf den Schildchen konnten mich selbst nicht täuschen. Du wusstest es auch, du hast es immer schon gesehen. Musstest zusehen, wie ich in meinem neuen, viel zu teuren Kleidungsstück innerlich so unglücklich war wie vorher. Und trotzdem hast du es mir geschenkt. Denn du wolltest nie, dass ich mich noch einsamer fühlte, als ich es eh schon tat. Du kanntest meinen Schmerz, hast dich beim Anblick deiner Tochter an das kleine Mädchen in dir erinnert, das von der Welt irgendwann dazu gezwungen wurde leise zu werden. Und es wurde so lange kleiner …

Auf einen Tee mit Frida #aufeinentee

Manchmal tut es verdammt gut, über den Tellerrand hinauszuschauen und junge Menschen mit unterschiedlichsten Ansichten zumindest ein bisschen besser kennenzulernen. Alle zwei Monate fragen wir hier einen jungen Menschen nach seinen Träumen, Zweifeln und Leidenschaften. Heute wollen wir von Frida wissen, wer sie ist und wofür sie brennt. Wer bist du? Ich bin Frida Stittrich. Ich bin die 18-jährige Frida, die manchmal auf die 5-jährige Frida hört. Ich bin jemand, die in drei verschiedenen Städten gelebt und insgesamt fünf Schulen besucht hat. Das wird sicher für manche viel, für andere wenig sein. Ich bin ein Stadtkind, das sich immer gewünscht hat, auf dem Land zu leben und dem sein kleiner Bruder jetzt aber manchmal leidtut, da er ländlicher aufwachsen wird als sie. Ich bin eine leicht ambivalente Persönlichkeit, die hohe Erwartungen an sich selbst und an den Rest der Welt stellt. Ich bin die, die gerne Zähne putzt und seit Neuestem sich auch gerne mal vor der Kamera ausprobiert (ich mein damit nicht das Zähneputzen, sondern den Fakt, dass ich schaupiele). Wofür brennst du? Das …

Homoduett

Schutztape ums Herzaus Stolz, Solidarität, Selbstwertin rot-orange-gelb-grün-indigo-blau-violettLiebe+Liebe ein Homoduett mich zu verortenauf einem Spektrumvon Liebe bis Liebebin ich offen für morgenGefühle, solide oder dochnicht? Reste von Angst so zu sein, wie Mensch ist aber eigentlich freiinterpretiert, privilegiert, ichdenn die Gewalt trifft zwar nicht michaber ein anderes Gesicht Wortverwendung: Kampfweil es trotz theoretischer Möglichkeitin der Praxis struggle bleibtund Cis und Hetero Normenam Ende doch Unterdrückung formen der Minorität,die anders liebt, lebtunfreiwilliger Privilegien-Verzicht der Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit widersprichtund dazu führt, dass ein Mensch voller HassFLINTA auf offener Straße ersticht wie kann Menschhassen wer sich liebtMensch-Ethnie-Religion-Mosaikbedroht von Feindseligkeit, Antipathieund Gewalt in Kultur und Politik ich hoffe, dass du weißt, dass Liebe, wo sie hinfällt auch ganz gern mal bleibt egal was du davon hältstwas für Urteile du fällst. ist gar nicht viel was wir verlangenbloß Freiheit-sichergestelltin einer liebe-vollen und hass-freien Welt und mehr zusammen Hass<Liebe – Elena, 22, veröffentlichte mit 18 ihr erstes Buch, worauf eine 4 Jahre-lange Schreibpause folgte. In dieser Zeit treibt es sie spätestens alle 7 Monate an einen anderen Ort, ständig auf der Suche …