Vor etwa zwei Monaten haben mein Freund und ich den Entschluss gefasst, zusammenzuziehen. Haben alle Zweifel über Bord geworfen und gemeinsam entschieden, es einfach mal zu probieren – obwohl wir zu dem Zeitpunkt „erst“ ein halbes Jahr zusammen gewesen sind.
In dieser Kolumne soll es darum gehen, wie die beiden Monate so waren, wie wir jetzt über die Entscheidung denken, ob wir es bereuen oder ob wir wieder diesen Entschluss fassen würden..
Und um es vorweg zu nehmen: Ja! Jeden Tag wieder.
Vielleicht können wir jemanden mit unseren Learnings inspirieren oder dazu anstiften, sich von den Meinungen anderer abzulösen bzw. auf sich selbst zu hören – was immer das auch für euch bedeuten mag.
So weit – so gut.
Der Umzug
Der Umzug selbst, und auch die beiden Wochen davor und danach, waren natürlich anstrengend. Wir sind aus zwei Haushalten zusammengezogen und haben beide auch bei unseren Eltern noch Gegenstände aufbewahrt, die auch mit ins neue Heim einziehen sollten. Man kann sich also vorstellen, dass es eine Menge Zeug zu packen und Zeit zum sich organisieren gab.
Unvorteilhafter Weise sind wir beide aus der 4. Etage ausgezogen und der Umstand, dass Kontakte Corona-bedingt stark eingeschränkt werden müssen, hat es uns unmöglich gemacht, einfach Freunde einzuladen und an einem Tag alles über die Bühne zu bringen. Aber gut. Meine Wohnung selbst hatte ich schnell zusammengepackt, aufgeräumt und gestrichen. Denn immerhin war meine Vorfreude groß und da ich ohnehin gerne ein- und umrichte, ist mir das nicht sonderlich schwer gefallen.
Auch während des Umzugs hat sich für uns alles richtig angefühlt, sodass nach wie vor keine Zweifel aufkamen. Und dass so ein Umzug eben auch Stress bedeutet, war uns von vorne herein klar und wenn man mal ehrlich ist, gehört es ja auch irgendwie dazu.
Das Einleben
Da wir auch vor dem Umzug meist beieinander waren, ist die Umstellung auf einen gemeinsamen Wohnsitz gar nicht so groß. Klar, man muss Kompromisse finden, aber tut man das in einer gesunden Partnerschaft nicht ohnehin? Vor allem wenn es nur darum geht, wer heute saugt, ob man sich mal in ein anderes Zimmer zurückzieht, wenn man gerade Zeit alleine braucht oder wie man die alltäglichen Aufgaben eben so aufteilt. Auch wenn ich die letzten beiden Monate des öfteren mal darüber nachgedacht habe, fällt mir wirklich nichts ein, was mir am Zusammenleben nicht gefällt. So lange man es so gestaltet, dass es jeder Person gut geht. Meiner Meinung nach sind und waren wir von Anfang an ein sehr gutes Team, was alles natürlich deutlich vereinfacht.

Der Unterschied in unserer Beziehung
Wir wachsen definitiv immer noch ein Stückchen weiter zusammen und lernen uns auf andere Arten und Weisen kennen. Das Zuhause zu teilen und somit auch mehr Zeit miteinander zu haben (das kostbarste überhaupt), war das beste was wir hätten machen können und es war definitiv für uns kein zu früher Zeitpunkt. Wobei man auch sagen muss, dass es wichtig ist, auch mal alleine Zeit zu haben, besonders um die gemeinsame Zeit dann auch anders wertschätzen und genießen zu können. Denn eins wollen wir beide nicht: dass wir uns aus den Augen verlieren und wir unseren Alltag so nebeneinander erleben, statt zusammen. Klar, muss man mal Kompromisse eingehen, geht auf den jeweils anderen zu und setzt sich oder seine Meinung mal nicht durch, aber das ist es wert. Jeden Tag aufs Neue.
„Grundglücklich“ sein
Vor ein paar Wochen gab es den Moment, dass ich gerade die Wohnung verlassen wollte als mich so ein Gefühl und ein Gedanke schmunzeln ließ: „ich liebe dieses Leben“.
Gänsehaut.
Versteht mich nicht falsch, natürlich habe ich Ups and Downs aber gerade weil ich seit knapp zehn Jahren mit meiner psychischen Gesundheit kämpfe, war dieser Moment unfassbar viel wert.
Natürlich spielen viele Faktoren mit rein, ob man sich wohl fühlt, geschweige denn glücklich ist. Aber nach einem Jahrzehnt voller Zweifel habe ich mein „Grundglücklichsein“ zurück. Nicht nur, weil ich mit dem Menschen zusammen lebe, der mir die Welt bedeutet und der mich so liebt, wie ich bin, aber eben auch. Zu entscheiden, was sich für uns richtig angefühlt hat und demnach nicht darauf zu hören, was unser Umfeld sagt, war in dem Moment das Beste, was wir für uns unsere Beziehung hätten tun können.
Unsere Learnings
Jeden Tag lernen wir dazu.
Lernen neues über uns selbst, unsere Beziehung und den jeweils anderen.
Und ich bin so gespannt, was noch alles kommt.
Und bis dahin gilt weiter unser Motto „Communication is key“.
Das ist wohl unsere wichtigste Regel. Über die Dinge, die uns beschäftigen zu reden und dem anderen daran teilhaben zu lassen. Genauso wie über Aufgaben zu verhandeln oder die Dinge zu sprechen, die uns stören.
Natürlich merkt man nicht nur die Eigenschaften, die man teilt, sondern auch was uns unterscheidet. Was uns wohl am schwersten fällt ist der Umstand, dass wir unsere Freizeit unterschiedlich verbringen wollen. Während ich eher aktiv bin, immer das Gefühl habe, die Zeit nutzen zu müssen und möglichst viel zu schaffen, möchte mein Partner manchmal auch einfach nur entspannen. Und auch das ist okay. Denn wir sprechen darüber und wissen beide, dass wir einander nicht verletzen wollen und auch nicht vor den Kopf zu stoßen. Und das ist die Grundlage dafür, dass wir respektvoll miteinander umgehen – selbst wenn wir unterschiedlicher Meinung sind. Hinzu kommt noch, dass wir beide davon profitieren, wenn wir uns auch von dem Anderen anstecken lassen. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass eine Kombination von beidem uns beiden gut täte.
Auch da können wir voneinander lernen – wenn wir es zulassen.
Fazit
Natürlich sind wir nicht perfekt und unsere Beziehung auch nicht – wer ist das schon? Aber wir arbeiten dran, so zu leben, dass wir beide so glücklich sein können, wie wir es verdienen. Tag für Tag.
Egal, was alle anderen sagen.
Es ist unser Leben – also nehmen wir es in die Hand.
–
Jacqueline ist 23 Jahre alt und lebt an der Ostsee. Sie liebt es, sich in Büchern zu verlieren, sich Gedanken über die kleinen und großen Dinge des Lebens zu machen und diese in Form von Wörtern oder Zeichnungen zu verarbeiten. In Ihrer Kolumne „Mut(Ich)“ soll es um den Umgang mit Herausforderungen des alltäglichen Lebens gehen. Zu lernen, über sich selbst hinauszuwachsen. Instagram: @jack_glw_
Lisa ist eine junge Illustratorin und Gestalterin aus Berlin. In Ihrer Kunst befasst sie sich mit Beobachtungen des alltäglichen Lebens und zieht Inspiration aus erlebten Situationen und Personen, die sie umgeben. Nebenher beschäftigt sie sich viel mit Musik und schmökert in Zines und guten Büchern.