Du & Ich
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Kuratierte Realität mit @doandlive #zwischenneugierundbewunderung

Neben großer Bewunderung, geraten Influencer:innen auch immer häufiger in Kritik. Es scheint, als hätte die Unvorsichtigkeit einiger in Bezug auf ungeprüfte Werbeinhalte oder kontroverse Stellungnahmen den ganzen Influencer:innen-Berufszweig ein wenig degradiert. Hinzu kommt, dass das Hauptgeschäft eines Influencers* nunmal mit verschiedenen Facetten des Konsums einhergeht. Auch etwas, von dem sich immer mehr Menschen bewusst zu distanzieren versuchen. Überraschung: nicht jede/r Influencer:in möchte dir Abnehmshakes oder Daniel Wellington Uhren verkaufen. Einige nutzen ihre Platform heute, um eine nachhaltigere und bewusstere Lebensweise aufzuzeigen. So auch Diana @doanlive

Ich habe mich mit Diana über ihren Werdegang und ihr Verantwortungsbewusstsein als Influencerin unterhalten. Es entstand ein ehrliches Gespräch über Werte, Content und Authentizität in einem oftmals unerreichbar scheinenden Teil des Internets. 

Simmer Ready?

Wir sind Ready jetzt! 

Wie hat das angefangen, mit dir und dem Internet und @doandlive? Hattest du erst einen Blog? Oder wie hat sich das entwickelt?

Also ich glaube, ich hatte meinen aller ersten Blog damals auf Blogspot gemacht, da war ich dreizehn. Weil ich damals selbst angefangen habe Blogs zu lesen. Und dann war ich dreizehn und hatte meinen Blog, auf dem ich 3-4 Beiträge geschrieben habe. Darüber was ich auf dem Flohmarkt gefunden habe. Dann hatte ich ganz lange einen Tumblr-Account und diese ganzen Geschichten. Ich habe relativ früh schon den Drang verspürt da mitzumachen in dieser Internet-Kreations-Welt von Leuten, die dort ihre Plattform finden, auf der sie sich kreativ austoben können und teilen können, was ihnen gefällt. Ich hatte dann aber lange nichts mehr damit zu tun, wie das halt so einschläft. Dann nach meinem Abi 2013 habe ich einen Neujahrsentschluss gefasst: “Ich fange jetzt mit Sport an“. Instagram hatte ich damals schon privat genutzt, dort habe ich ein paar australische Fitness-Mädels gefunden, die viel Sport machen, das hat mich damals motiviert. Ich dachte mir, dann erstelle ich selbst so einen Account, um mich zu motivieren, gar nicht mal zum Thema Sport, sondern eher übers gesunde Kochen. So hat das angefangen, vor fast sieben Jahren. 

Dann hatte ich den neu gegründeten Instagram Account, weil ich erstmal nicht wollte, dass das irgendjemand sieht der mich kennt. Weil ich ja die ganze Zeit erstmal nur Rezepte geteilt habe, brauchte ich auch erstmal einen Ort um das alles nachhaltig aufzuschreiben, dann habe ich den Blog gestartet. Über die Jahre ist es vom Thema Essen und Rezepte auch mal mehr Lifestyle geworden. Als ich damals angefangen habe, gab es dieses ganze Thema Influencer-Marketing noch gar nicht und man konnte damit auch noch nicht richtig Geld verdienen oder ich wusste nichts davon. Ich war ja auch erst achtzehn. Dann habe ich in den letzten sieben Jahren inhaltlich alle Themen irgendwie abgegrast und bin im Endeffekt wieder bei Essen gelandet, weil das halt echt meine größte Leidenschaft ist. Von dem Thema “gesund“ habe ich mich aber verabschiedet. Nicht dass ich jetzt ungesund koche, sondern weil ich das nicht mehr als solches betiteln möchte.

Jetzt dreht es sich viel um vegane Ernährung und um eine nachhaltige Lebensweise. Nicht das ich komplett so lebe, sondern das ich meine Bemühungen mich da rann zu tasten teile. 

Das war jetzt eigentlich schon meine nächste Frage. Ich wollte dich fragen, wie sich dein Content über die Jahre gewandelt hat. Die Frage hast du ja jetzt schon beantwortet: es hat sich gewandelt. Vielleicht könntest du da nochmal mehr drauf eingehen und auch darauf, ob es schwierig war? Wenn es dein Beruf ist und du davon lebst, du verschiedene Verträge mit Unternehmen hast, die dich wahrscheinlich in eine Thema-Schublade stecken – ist es schwierig, da einen Wandel hinzukriegen?

Ja das stimmt, das ist auf jeden Fall nicht ganz so einfach. Das Thema ist, wie verschiedene Agenturen die die Marken betreuen einen kategorisieren. Man liegt da in verschiedenen Datenbanken und wenn die eine Anfrage haben von Sportkunden XY dann schauen sie in diese Datenbank und schauen, welche Influencer da drin sind. Da war ich ja dann auch drin, weil ich viel zu diesem Thema gemacht habe. Gerade, wenn man das als Hobby macht, hat man ja keine Unternehmensstrategie oder keine persönliche Markenstrategie, wofür man stehen möchte, wo man hin will und was die Ziele sind. Man ist 19 und hat gerade gesehen das man durch sein Hobby Geld verdienen kann, man hat seinen Nebenjob gekündigt und muss sich darauf verlassen. Und dann fragt eine Sportmarke XY an für eine Jahreskooperation, natürlich sagst du da “Ja“. Du findest ja auch die Marke cool. Da hat sich damals zu dem Zeitpunkt nicht so eine große Diskussion in meinem Kopf aufgemacht, ob ich das tatsächlich mit meinem Namen repräsentieren möchte. Und da gerät man dann schon in einen Alltag. Dann macht man diese Kooperation und dann werden andere Marken auch auf einen aufmerksam. Gerade, wenn man dann so im Tagesgeschäft drin ist und jeden zweiten Tag eine Anfrage zu diesem Thema bekommt, dann fällt es auch schwer, da immer mal wieder einen Schritt zurück zu gehen und zu überlegen “moment mal, ist das überhaupt das, was ich eigentlich gerade machen möchte? Wofür ich stehe?“ Solche existenzielle Grundlagendiskussionen kommen einem dann erst entweder wenn man unglücklich wird, oder wenn man sich eine Auszeit nimmt. Aber weil nunmal Bloggen und Influencen kein Berufsfeld ist, aus dem man mal einen Monat verschwindet, man ist ja eigentlich jeden Tag online, da hat man überhaupt gar nicht die Gelegenheit sich mal einen Monat zu reflektieren. Das ist ein laufendes Geschäft, bei dem du jeden Tag mit jemandem Sprechen musst, Abgaben absenden musst, Postingdeadlines hast. Da setzt du dich nicht dienstags um 15 Uhr hin und überlegst was eigentlich deinen Werten entspricht. Sollte aber natürlich so sein. 

Bei mir war es dann so, dass ich irgendwann unglücklich damit geworden bin. Ich habe gemerkt “Irgendwie bin ich nicht stolz darauf, wenn ich darauf angesprochen werde was ich mache und dann sage ich was ich mache und dann habe ich immer das Gefühl ich müsste mich dafür rechtfertigen. Warum mache ich diesen Job, ich habe ja eigentlich was gelernt. Und warum verkaufe ich mich eigentlich für irgendwelche Sachen?“ Es ist nicht so, dass ich damals Werbung für Primark gemacht hätte. Ich habe mit großen Sportmarken zusammengearbeitet und da gibt sich ja auch nicht viel. Da war ich irgendwann nicht mehr zufrieden mit. Dann habe ich mich gefragt an was das liegt. Und was ich tun muss, damit ich wieder stolz drauf werde. Und dann war klar, dass ich mir überlegen muss, wie ich diese Transition hinkriege. Dass ich allen derzeitigen Anfragen absagen muss, weil sie nicht mir entsprechen. Die neuen kommen aber auch nicht einfach so, wenn du dich dazu entscheidest, dass du jetzt gerne mit veganen Lebensmittelmarken arbeiten möchtest. Dann musst du gucken und einplanen wie du über die Runden kommst. Für mich war es auch immer eine Sache zu sagen, dass ich keinen Job mache damit ich meine Miete reinkriege. Sobald ich meine Miete nicht mehr reinkriege und Sachen annehmen muss, damit ich sie bezahlen kann, dann muss ich einen anderen Job noch nebenbei machen. Das geht so nicht. Das ist kein Argument für diesen Berufszweig finde ich. Dann muss man anders gucken wo man bleibt. 

Ich finde, das merkt man total bei deinem Content und deinem Profil. Es ist sehr überlegt und kein Ort der „toxisch“ ist, wie man es in 2020 so schön sagt. Wenn man auf dein Profil geht, hat man überhaupt kein bedrückendes Gefühl, im Sinne von Inhalten die unauthentisch sind oder die mir was auf die Nase binden. Ich finde das total inspirierend. Man erkennt, dass du deine persönlichen Werte umsetzt.

Und das bedeutet mir total viel! Vielen Dank. Man weiss ja auch nicht immer so richtig, ob man das so rüberbringt, wie man es sich überlegt hat. 

Doch, auf jeden Fall. 

Würdest du sagen, du hast ein richtiges Gefühl von Verantwortung? Was deine Entscheidungen und Veröffentlichungen von Dingen angeht? 

Total. Ganz ganz groß. Und da geht es auch gar nicht mal so um das Thema welche Konsumgüter platziere ich bei mir, sondern auch um das Thema “approachability“. Also was ist dann auch ein reales Leben für mich als Person, wie ich es gerade lebe. Ich sehe das manchmal auch bei Kolleg:innen, die einen Lifestyle vorleben der für Menschen in deren Position, Alter, Lebensumständen überhaupt nicht umsetzbar ist. Ich finde es immer komisch wenn sich der Lebensstil durch den Job ändert, weil man dadurch andere Möglichkeiten kriegt, Dinge zu besitzen oder Orte zu bereisen. Das ist nicht real, das ist nicht die Realität. Diese Möglichkeiten bestehen für viele nicht. Ich will nicht sagen, dass dafür keine Existenzberechtigung da ist. Ich versuche das nicht zu tun, aber viele Folgen auch Social Media Kanälen als Aufwärtsvergleich und Inspirationsquelle. Das ist halt eine andere Art seine Inhalte zu gestalten. Ich möchte aber auf jeden Fall jemand sein, der zeigt wie es ist. Und wenn ich kleine Veränderungen inspiriere, dann sollte das immer etwas sein das machbar und realistisch ist. 

Der Begriff “Realität“ ist sehr spannend. Sind die sozialen Medien, die Welt der sozialen Medien etwas, das Realität für dich ist? Ist das eine Parallelwelt? Wie siehst du das?

Ich würde sagen, es ist kuratierte Realität. Es zeigt Realität aber es zeigt sie so kuratiert, dass es nicht Repräsentativ ist. Das ist das Problem. Ich merke bei mir selbst auch, obwohl ich das weiß, wahrscheinlich besser als andere weil ich ein Teil davon bin, dass ich trotzdem auch nicht frei davon bin, mich negativ oder positiv davon beeinflussen zu lassen. Ja es ist kuratierte Realität. Kuratiert im Sinne von man hat es ganz genau in der Hand zu entscheiden, wie andere Menschen sehen was man teilt. Nicht nur, dass man nicht alles zeigt, schon alleine wie man diesen kleinen Teil zeigt. Wie man es in gutem Licht zeigt, schön aufgeräumt zeigt, aus einem guten Winkel zeigt. Dann noch bearbeitet, gedreht, geschnitten, hübsch aufpoliert. Kuratierte Realität. 

Das ist ein sehr guter Begriff.

Zum Abschluss stelle ich immer eine positive Frage. Was gibt dir Hoffnung wenn du an die Zukunft denkst? 

Das betrifft gar nicht mal so sehr meinen Job oder meine Branche, aber ich hoffe immer sehr auf die Mündigkeit der Menschen. Mündig heißt ja immer sowas wie, man ist fähig eine Wahlentscheidung zu treffen. Ich meine aber eher so darauf zu vertrauen, dass Menschen nicht von Grund auf, aber irgendwann erlernen, wie man mit seinen Mitmenschen und Umfeld umgehen kann. Wie konsumiere ich Social Media, wie verhalte ich mich als Mitglied einer Gesellschaft so, dass es für möglichst alle gut ist? Und auf meine Branche bezogen hoffe ich, dass möglichst viele Menschen lernen wie man Social Media zu seinem Vorteil nutzen kann und wie es einem gut tut. Und nicht, dass es einen negativ beeinflusst. “Gut tut“ nicht im Sinne von dass man nur mit dem Positiven und Guten berieselt wird. “Gut tut“ im Sinne von: es prägt einen, es bildet einen und man findet Austausch und Bestätigung, aber auch Kritik. Dass man lernt mit Kritik umzugehen und sich mit neuen Themen zu befassen. 

Ich habe mich durch sehr viel gezieltere Nutzung, die ich mir in den letzten zwei Jahren antrainiert habe, mit so vielen Themen auseinandergesetzt, die ich so sonst nicht gesehen hätte. Das ist auch nicht immer bequem und schön, manchmal denke ich mir auch, ich würde lieber Bilder von dem Meer sehen, anstatt zu sehen wie es marginalisierten Gruppen gerade geht. Das muss man erlernen, dass es was Positives für einen ist, weil man daran wächst. Aber man muss auch lernen, in was für einem Kontext einem das gut tut. Dass man sich Grenzen setzt. Das im Sinne von Mündigkeit. Ich würde gerne darauf Vertrauen, dass Menschen lernen mit Social Media umzugehen, so dass es für sie gut ist. 

Ich muss dir jetzt nochmal ein Kompliment machen, dein Profil ist eines der wenigen guten Orte ist in meinem Feed! Sehr authentisch und inspirierend. Es lässt einen mit einem guten Gefühl zurück. 

Das freut mich sehr, Dankeschön. 

*das vollständige Interview findet ihr im Podcast “Zwischen Neugier und Bewunderung“ auf Spotify oder Apple Podcasts.

Mara ist Crossmedia Publishing Studentin, Fotografin und Hutmacherin. Sie lebt in Stuttgart und Kalmar.

In ihrer Kolumne Zwischen Neugier und Bewunderung unterhält sich Mara mit Menschen aus Kultur, Gesellschaft und Politik. Irgendwo zwischen Neugier und Bewunderung, Nähe und Distanz, treffen sich die Charaktere meist im virtuellen Raum.

Lea studiert Grafikdesign & Kommunikation in der Nähe von Nürnberg. Neben dem kreativen und ästhetischen Gestalten, ist ihre große Leidenschaft das Tanzen. Auf ihrer Instagramseite kombiniert sie die Kunst des Grafikdesigns mit der Dynamik des Tanzes.

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