Im blauen Sacko vor dem Glashaus
sagt sie deutlich: Es ist ernst.
Jetzt musst du mit dir selber klarkommen
und mal schauen ob du das lernst.
Seit Neujahr
kommen die News aus China.
Du sagst:
„Es kommt jetzt immer näher her“,
du interessierst dich nicht für mehr,
was es ist und was passiert,
wenn sich jemand infiziert.
Jetzt ist es hier auch.
Helfende sind auf Lösungssuche.
Doch du fühlst dich in die Schranken verwiesen,
du merkst nicht, dass
wie durch eine Vergrößerungslupe
Probleme größer werden in solchen Krisen.
Ja, jetzt ist es an der Zeit, zu denken.
Und du hast endlich Zeit, zu denken.
Wir werden zu Edward-Hopper-Bildern,
denken nicht dran, unseren Wohlstand mildern.
Du sagst, wir sind doch eh alle im selben Boot.
Aber lass mich dir sagen, Menschen in Booten sind in viel größerer Not.
Während wir die Dosen im Keller lagern
erkranken Menschen in überfüllten Lagern.
Die Vorräte werden dich auch nicht beschützen.
Viel eher bleibst du auf deinen Gedanken sitzen.
Hättest lieber was für die Leute getan.
Den Helfenden sollte Dank widerfahren.
In der sozialen Distanz,
diesem riskanten Tanz
Zwischen Anstand und Angst
hast du’s in der Hand.
Jetzt ist es hier.
Du willst lieber fernsehen, putzen
wieder deine Freunde sehen,
denkst nicht dran, dein Privileg zu nutzen:
Schreiben, spenden, tragen, nähen…
Du bist bald wieder draußen und bist froh,
dass dir nicht mehr die Decke auf den Kopf fällt.
Vergiss nicht, es gibt Menschen auf der Welt,
denen fällt wirklich die Decke auf den Kopf
und daran denkst du dann nicht mehr so oft.
Aber Hunger und Krankheit und Dürre und Krieg
sind auch noch da wenn’s das Virus nicht mehr gibt.
In den Facetten der Isolation,
deiner alltäglichen Medienration
siehst du
Falsch-Nachrichten, Hass, Verschwörung.
Verstehst du, was ich dir sage?
Und trifft es auf Verstörung?
Wir leben von geteiltem Wissen,
nicht von Zwang.
Ich ziehe diese großen Worte heran,
denn ich weiß nicht, was ich anderes tun kann.
Aber vielleicht ist das ja auch schon ein Anfang.
Nun entkommst du der latenten Endzeitstimmung.
und hoffst ein wenig auf Besinnung.
Jetzt ist es.
Jetzt.
Auch jetzt ist Zeit für Demokratie,
für Entwicklung, auch fürs Klima, für jetzt oder nie.
Vielleicht hilft uns im Denken bisschen Diversity,
dann besiegen wir zusammen diese Pandemie.
–
Emi ist 20, Tagträumerin, Studentin und lebt in einem grünen Stadtteil Berlins. In ihrer Kolumne #Facettenreich geht es um Menschen und Themen, die unsere Gesellschaft prägen und bereichern. Sie geht der Frage nach, was uns ausmacht, ‚anders‘ macht und was Diversität bedeuten kann.