Verstehst du, was mit dir passiert ist?
Wir alle finden uns an Scheidewegen unserer Biografie wieder. Wir sehen uns um und bemerken gar nicht, wo wir uns gerade befinden. Belebt von dem Alltäglichen. Den kurzen, ja viel zu kurzen Urlauben und jagen einem Stressfaktor nach dem anderen hinterher. Falls ihr euch jetzt denkt, dass es doch ganz schön sein kann, dass das alles zu vergessen und in den Momenten zu leben auch Vorteile hat, ja das hat es.
Doch wenn wir nicht einmal wissen, wo wir hingehen, wenn wir uns nicht mal kurz hinstellen und innehalten; wann bemerken wir dann, was wir da in unseren Händen, auf unseren Schultern oder in unseren Taschen mit uns herumtragen?
Wann entscheiden wir endlich, wann es Zeit wird, sich von etwas zu trennen? Was ist denn nur, wenn uns nichts mehr miteinander verbindet, wir uns aus Gewohnheit nicht loslassen? Wenn wir uns verlieren im Alltag, und deshalb die gesamte Kinderzimmer-Einrichtung mit uns herumtragen.
Dadurch entwickeln wir uns nicht frei. Wir bleiben eingeschränkt durch uns, unsere Fehler oder unser bloßes Schicksal. Wobei all diese Faktoren in unserer Macht stehen. Denn mit wem wir Zeit verbringen möchten, was uns gut tut und was uns am Ende weiterbringt. Diese Dinge sind uns viel zugänglicher, wenn wir die Hände frei haben und keinen Ballast mit uns herumtragen.
Doch ist das Ziel jetzt alles was sich an uns heftet so schnell es geht auch wieder los zu lassen?
Was ist denn, wenn uns das Gefühl gefällt oder das, was wir uns als Päckchen auferlegt haben auch irgendwo Teil von uns geworden ist, verwachsen mit dem Ich?
Viele Dinge durchleben wir, doch akzeptieren wir diese als Teil von uns? Denn manchmal sind die Menschen, die uns verletzten oder die Dinge die uns zugefügt wurden auch die Dinge, die uns zu dem machen was wir sind. Also ist jedes tiefste Tief und höchste Hoch dafür verantwortlich, dass wir uns jeden Tag dafür entscheiden, was wir tun. Wie wir unseren Charakter letztlich formen.
Der Charakter, den wir unser eigen nennen ist jedoch nicht nur für uns zugänglich und auch nicht nur von uns geformt. Nehmen wir als Beispiel, dass wir uns auf eine Beziehung einlassen. Besser gesagt, wir schaffen es nicht, uns vollkommen darauf einzulassen. Unser Verhalten in Bezug auf Beziehungen ist zurückzuführen auf unsere Entscheidungen in der Vergangenheit, den Menschen, die wir nahe an uns heran gelassen haben, auch wie wir erzogen wurden oder welche Vorbilder uns prägten. Wir stellen so, durch unser Durchleben, Erwartungen, Selbstwert und Ziele fest. Doch was, wenn wir uns zu Fehlern verleiten lassen?
Wir lernen aus Verhalten, was uns nicht weitergebracht hat, gehen den schlechten Erfahrungen aus dem Weg, sehen die „Red Flags“ und manchmal, leider zu oft, verschrecken wir uns selbst. Die Mauern, die wir bauen, halten uns dann doch selbst auf und fast alles wird als Wiederholung wahrgenommen.
Und dann stehen wir da. In Situationen, in denen wir Dinge, die wir eigentlich so gerne durchleben wollen, von uns wegstoßen. Durch Belastung hervorgerufen und durch die Vergangenheit geprägt, lassen wir es einfach nicht zu.
Wir laufen durch die Welt und stellen uns dann irgendwann die Frage: „Willst du solch ein Leben führen?“, Wenn wir uns schon knietief in diesem Leben befinden. Doch wie gehen wir diesem aus dem Weg?
Der Kernpunkt des Problems ist, dass wir uns nicht mit den Dingen auseinandersetzten. Es ist leichter, Situationen abzuschließen, als Sie auf sich selbst zurückzuführen und zu reflektieren.
Verstehst du, was mit dir passiert ist?
Wenn wir verstehen, was wir durchleben und in welche Richtung uns das wirft, können wir bewusst entscheiden, ob und wie wir darauf reagieren. Dadurch werden wir zu den Menschen, die wir sein sollen und am allerwichtigsten, auch bewusst werden wollen. Wir erreichen so ein Leben, worauf wir hinarbeiten. Unser persönliches Glück mit all den Eigenschaften, die wir an uns schätzen und den Fehlern, die wir als Teil von uns akzeptieren wollen und wir durchleben all das vollkommen bewusst.
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Fatih ist 20, neben seinem Psychologiestudium versucht er, sich die Lebensqualität so gut es geht zu bewahren und seine impulsiven und meist unüberlegten Handlungen bringen ihn gerne mal in Situationen, die im Nachhinein sehr lustige Geschichten darstellen.
An jedem dritten Freitag im Monat veröffentlicht Fatih einen Text zu seiner Kolumne „Schlaflos“. Hier beschäftigt er sich mit den Themen, die uns in schlaflosen Nächten wach halten. Bringen Sie uns irgendwie weiter?