Manchmal tut es verdammt gut, über den Tellerrand hinauszuschauen und junge Menschen mit unterschiedlichsten Ansichten zumindest ein bisschen besser kennenzulernen. Jeden Monat fragen wir hier einen jungen Menschen nach seinen Träumen, Zweifeln und Leidenschaften. Heute wollen wir von Ibo wissen, wer er ist und wofür er brennt.
Wer bist du?
Ich bin Ibo, 22 und ein freier unfreier Mensch. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin nicht ganz frei, da versuche ich mich noch frei zu machen. Bei Freundschaften habe ich ab und an das Gefühl, da ein bisschen abhängig zu sein, ich will aber eigentlich nie abhängig von irgendwem sein. Egal, wie gern ich jemanden mag, ich will nicht abhängig sein. Man kann Menschen schätzen, aber nicht abhängig von ihnen sein.
Wofür brennst du?
Ich brenne für Politik. Wie gesagt, in der dritten und vierten Klasse habe ich immer Nachrichten angeschaut, was in der Welt passiert. Ich würde gerne Journalist sein, in Länder gehen und den Menschen, die keine Stimme hier in der Welt haben, eine Stimme geben und die in die Welt bringen. Oder aber auch Politiker sein, wobei ich das sehr schwierig finde, denn wenn ich ein Politiker wäre, würde ich Gerechtigkeit haben wollen und ich glaube, das ist in der Politik sehr schwierig, dass man das auch wirklich umsetzt. Das ist auch psychisch glaube ich ein sehr schwieriger Weg, aber wenn ich das wirklich will, dann muss ich da auch irgendwann durch.
Hast du einen Traum?
Mein Traum für mich selber ist – als ich ein Kind war, ich habe Politik geliebt, mich dafür interessiert und wollte immer Journalist werden. Durch den Krieg habe ich meinen Traum dann leider ein bisschen verloren. Jetzt will ich hier irgendwann aber auch wieder in die Politik gehen, weil das schon immer immer mein Traum war, seit ich in der dritten oder vierten Klasse bin. Ein weiterer Traum ist, dass wir Menschen nicht „ich“ und „du“ oder „du“ und „er“, sondern „wir“ sagen. Und dann, ein anderer Traum von mir, oder, wobei, eigentlich ist es eher ein Wunsch von mir, dass ich meine Eltern wiedersehe.
Woran zweifelst du?
Manchmal zweifle ich an einigen Menschen und generell an der Tatsache, wie egoistisch wir Menschen sind. Meistens denken wir an uns, jeder von uns denkt nur an sich und vergisst die anderen schnell, daran zweifle ich ab und an. Ein Beispiel ist für mich da der Klimawandel: Wenn ich daran denke, dass Menschen wegen des Klimawandels, an dem wir Schuld sind, sterben müssen, dann finde ich es egoistisch, zu sagen: „Hey, mich betrifft das nicht, das ist mir scheißegal, was mit den anderen passiert.“ Und manchmal habe ich auch das Gefühl, dass viele sagen: „Ich mache doch eigentlich etwas“, aber wenn man genau hinschaut, ist da eigentlich nicht viel.
Was sagen andere, was du gut kannst?
Das ist schwierig, aber viele sagen, dass ich positive Gedanken und eine gute Ausstrahlung habe, schnell mit Menschen in Kontakt komme und mit Menschen gut umgehen kann. Ich kann viel Spaß und Quatsch machen, aber auch wichtige Themen besprechen und auch ernst sein.
Was hättest du gerne zehn Jahre früher gewusst?
Ich hätte gerne zehn Jahre früher gewusst, dass ich von Syrien nach Deutschland fliehen muss. Dann hätte ich mich besser vorbereiten können. Ich weiß auch nicht, ob ich die Flucht überhaupt gemacht hätte, wenn ich gewusst hätte, dass es so schlimm ist. Vielleicht hätte ich mich lieber dafür entschieden, dort zu sterben, anstatt die Flucht zu machen.
Was ist kleines Glück für dich?
Großes Glück finde ich leicht zu beantworten, kleines Glück, das ist schon schwerer – aber ich mache es ganz einfach: Kleines Glück für mich ist, dass mein Bruder neben mir wohnt.
Digital oder Analog?
Ich liebe analog, weil es schön ist, etwas in der Hand zum Fühlen zu haben und nicht alles im Handy.
Vogel oder Fisch?
Vogel, denn ich finde, der Vogel hat mehr Freiheit. Er fliegt, sieht die Berge, das Meer und ist überall. Ich würde auch gerne fliegen können und einfach von ganz oben die Erde anschauen können.
Meer oder Berge?
Ich kann mich nicht so richtig entscheiden, aber wenn, sage ich Berge. Ich war letztes Jahr in der Schweiz in den Bergen und das war so schön mit der Natur. Aber natürlich, im Sommer am Strand hinlegen, da mag ich das Meer schon auch gerne.
Kaffee oder Tee?
Ich sag Kaffee – warum? Ich mag Tee natürlich auch, syrischen Tee. Kaffee, da mag ich deutschen Kaffee mehr. Syrischer Kaffee ist sehr stark, wenn ich das trinke, bekomme ich Bauchschmerzen. Also deutscher Kaffee, syrischer Tee.
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Franzi ist 22 und ein Sommerkind. Wenn sie nicht gerade draußen unterwegs ist, studiert sie in der bayerischen Provinz „irgendwas mit Menschen“ und „irgendwas mit Medien“. Für die Kolumne „Auf einen Tee“ befragt sie jeden Monat einen jungen, inspirierenden Menschen und portraitiert diesen.