Selbst & Inszenierung
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Verteilt mehr Komplimente, auch an euch selbst

“Ich bin nicht schön und damit habe ich mich abgefunden”, sagte sie. “Traurig“, dachte und sagte ich. Sie erklärte, dass es für sie okay sei und ich versuchte herauszufinden, warum sie sich selber nicht als schön betrachtete. Ein Gespräch, dass mich zum Nachdenken angeregt hat. Ab wann sieht ein Mensch sich selber denn als schön an? 

Um die Frage gleich zu beantworten: Wahrscheinlich, wenn die eigenen Vorstellungen der Definition von Schönheit erfüllt sind. Das Problem an diesen Definitionen ist jedoch, dass sie sich meist an anderen orientieren. Es ist eine unvergleichbare Skala. Ein Koch würde niemals die Mengenangabe Gramm für eine Flüssigkeit nehmen. Es passt nicht zusammen.Es wäre irrsinnig. Flüssigkeit mit Liter, ich mit ich. Also warum benutzen wir solch unpassende Skalen an uns selbst? Es wäre doch viel logischer, wenn man sich selber Ziele setzt und diese verfolgt. Es kann nur besser werden. Doch klassische Logik ist nicht im Sinne des Menschen. Sie ist zu einfach, zu unkompliziert. 

Seit einer sehr langen Zeit habe ich heute gesagt bekommen, dass ich schön sei. In meiner Kind- und Schulzeit habe ich es öfter gesagt bekommen und dann immer weniger. Ungefähr zu dieser Zeit begann ich auch, immer mehr an mir selbst zu zweifeln, unzufriedener zu sein. Ich bekam hin und wieder ein Kompliment, dass ich gut riechen würde oder dass meine Kleidung sehr cool sei, aber mein Gesicht war nichts Neues mehr. Jeder kannte es und es ging wahrscheinlich unter in einer Masse aus schönen Gesichtern.

Genauso wenig wie ich Komplimente bekam, verteilte ich sie. Je älter wir werden, desto mehr vergessen wir, was ein Kompliment auslösen kann. Wie es den Tag retten oder zumindest verschönern kann. Wir haben Angst davor, jemanden falsche Signale zu senden. Doch warum überschatten unsere Ängste gute Taten? Lasst uns mehr nette Floskeln verteilen, auch an uns selbst. Wenn du etwas schön und gut findest, sag es der Person. Verteile Komplimente statt Schimpfwörter.

Mein Kompliment heute hatte auch etwas Neues an sich: Es war durch einen Hauch der Selbstverständlichkeit geprägt. Lange Zeit habe ich mich selbst mit Komplimenten bestrahlt, aber eine Selbstverständlichkeit von einer noch mehr oder weniger fremden, zumindest neuen Person ist anders. Nicht Mutter, Bruder oder beste Freundin, bei denen man doch immer ein bisschen anzweifelt, warum der oder diejenige es nun sagt und ob er oder sie es auch wirklich ernst meint. Doch diese Selbstverständlichkeit, als wüsste ich welche Schönheit an mir steckt, verwundert mich doch ein bisschen. Sie ist mir neu. Zugegeben finde ich mich auch hübsch. Verbesserungpotenzial ist natürlich da, aber es bringt mir gerade nichts, mich nicht schön zu fühlen. Ich kann meine Zeit damit verschwenden, mein Eigenbild zu bejammern oder einfach glücklich zu sein. Ich selbst gebe mir zwar mittlerweile oft Komplimente, jedoch hat es eine ganz andere Bedeutung, wenn eine andere Person was Nettes zu mir sagt.

Ich weiß nicht, wie ich durch die Augen anderer aussehe und werde das auch niemals wissen, deswegen muss ich ein Stück weit in Betracht ziehen, dass meine Sicht falsch ist. Mein Grün kann dein Rosa sein. Mein Hübsch kann dein Durchschnittlich sein. Jede Sicht der Augen ist die Sicht der eigenen Wahrnehmung. Das muss aber deswegen nicht die Wahrheit sein. Ein Spiegel kann mich anlügen, Bilder können total unterschiedlich aufeinander wirken. Ich erinnere an die Farbe-des-berüchtigten-Kleides-Debatte. Und obwohl ich mich selber auch als eine schöne Person betrachte, will ich nicht leugnen, dass ein Kompliment auch mein Bewusstsein stärkt.

Denn wir alle haben Zweifel, ob wir wirklich schön sind. Wir vergleichen uns mit anderen. Wünschen uns, wie eine andere Person auszusehen. Und wenn es nur kleine Zweifel bleiben, dann ist das auch völlig legitim. Es ist jedoch wichtig wieder zurückzukommen. Zur Realität. Ich bin ich und das ist gut so. 

Des weiteren ist Schönheit nicht nur durch Äußerlichkeiten definiert. Äußeres spiegelt das Innere wieder. Wie du dich selber behandelst, wie gut du mit dir und deinem Körper umgehst. Fröhlichkeit verleiht dir ein Strahlen. Ein guter Mensch sein, daran arbeite ich. Jedenfalls wie ich nach meiner Definition ein guter Mensch sein kann. Das macht mich schön. Es gibt mir eine Art der Ausstrahlung und es ist komisch, aber seitdem ich daran arbeite, begleitet mich ein Gefühl des “schöner-werdens”. Eine wahrhafte Bestätigung meiner Theorie werde ich nie bekommen, aber ist bleibt meine Überzeugung. Wenn du ein guter Mensch bist, wird deine Schönheit davon profitieren. Du wirst davon profitieren.Warum fühlen wir uns also nicht einfach schön?

Lilli heißt eigentlich Elisabeth und findet gerade heraus, was es für sie bedeutet erwachsen zu werden. Auf der Suche nach ihrer beruflichen Passion, stellt sie sich grundlegenden Fragen. Fragen zu denen es keine Antwort gibt. Außerdem liebt sie Kaffee und Hunde. Vor allem Hunde.

Die Photos sind von Luka. 

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