Pornos.
Wir alle wissen, was gemeint ist.
Wir alle haben auf die eine oder andere Weise schonmal einen gesehen.
Und doch haben wir darüber kaum gesprochen. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Pornos sind nicht salonfähig.
Wie schade eigentlich. Wie schade auch, dass das Bild, welches man von Pornos hat, irgendwie negativ behaftet ist.
Dabei befriedigen Pornos natürliche innere Triebe, die jeder Mensch hat.
Es wird Zeit, das wir über Pornos reden. Das klargemacht wird, was Pornos sind und was nicht. Was Pornos dürfen und was nicht. Wie wir mit ihnen umgehen sollten.
Sexualität ist wohl das normalste und menschlichste der Welt.
Doch trotz dessen, dass fast jeder Mensch Sex hat, war und ist es seit jeher ein Thema, über das nicht gesprochen wird. Und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand. Klar, seit einiger Zeit wird es immer mehr und immer häufiger thematisiert, es gibt Sex-Podcasts mit Millionen von Zuhörern und YouTuber, die offen über ihre Bettgeschichten reden. Doch sind gerade wir noch eine Generation, deren Eltern das Thema Sex – und vor allem auch Pornos – kaum mit uns besprochen haben. Oder wie sind eure Erfahrungen da? Nackte Menschen zu sehen, so wie früher auf der Dr. Sommer-Doppelseite in der BRAVO, war für uns etwas ganz besonderes. Nun, Sex ist auch etwas besonderes. Nacktheit auch. Der Mensch reagiert darauf, wir entdecken und untersuchen uns gern gegenseitig.
Und so sind auch Pornos eine Art, die eigene Sexualität zu erkunden. Was mag ich, was finde ich schön, was gibt mir gute Gefühle? Und damit sind auf keinen Fall nur Jungs gemeint. Es ist einer der größten Irrtümer, dass Pornos nur etwas für das männliche Geschlecht sind. Wer will, der darf. Denn genau wie bei „herkömmlichen“ Filmen, gibt es auch hier eine breite Auswahl. Für jeden ist etwas dabei. Doch bevor wir darüber sprechen, was Pornos mit uns machen oder wo sie zu finden sind, sollten wir uns mit der Industrie befassen, in der sie entstehen.
Der Konzern Mindgeek, der viele der größten internationalen Pornoseiten wie PornHub oder YouPorn betreibt, gilt so ein bisschen als das YouTube des Pornos. Er gibt an, täglich mehr als 115 Millionen Besucher auf seinen Webseiten zu zählen. Diese sogenannten Tube Sites locken mit tausenden von Filmen, die den Usern sofort und kostenlos zur Verfügung stehen.
Das Problem an der ganzen Sache?
Dadurch, dass wir die Videos kostenfrei und ohne Abonnement zu jeder Zeit so oft wir es wollen anschauen können, müssen diese auch so kostengünstig wie möglich produziert werden – mal abgesehen von selbst-gedrehten „Amateur“-Filmen auf der eigenen Couch werden die meisten in bestimmten Studios mit riesigem Licht- und Ton-Equipment in Amerika gedreht. Die möglichst kostengünstige Produktion bekommen als erstes die Darsteller selbst zu spüren, welche oft unter unglaublich schlechten Arbeitsbedingungen stehen und gerade weibliche Darstellerinnen teilweise sogar misshandelt werden.
Sehr oft sind fehlende finanzielle Mittel der Grund für den Weg in die Pornoindustrie. Denn viele machen Pornos nicht, wer hätte es gedacht, weil sie so gern Sex vor laufender Kamera haben, sondern weil sie schlichtweg über die Runden kommen oder ihre Miete zahlen müssen. Und hier gilt das Sexfilm-Geschäft als „schnell verdientes“ – sicherlich nicht leicht verdientes – Geld.
Berichten zufolge ließen vor allem Darstellerinnen die Dinge einfach über sich ergehen, auch, wenn sie Schmerzen haben oder sich unwohl fühlen, da oftmals gar kein Gehalt gezahlt wird, wenn der Job nicht beendet wurde. Zudem werden DarstellerInnen oft weitervermittelt an andere Produzenten oder rutschen ungewollt in die Prostitution ab. Dies ende oft damit, dass sie versuchen, sich mit Alkohol oder Drogen zu betäuben. 205 Pornostars starben bereits zwischen 2013 und 2016 frühzeitig an AIDS, Drogen, Unfällen, Selbstmord oder sogar durch Mord.
DarstellerInnen sind mehr als ein Stück Fleisch aus Massentierhaltung und sollten menschenwürdig und mit Respekt behandelt werden, so wie in jeder anderen Branche.
Ein weiteres Problem an den kostenfreien Porno-Seiten ist die Eintönigkeit, die uns abstumpft: Meist wird gezeigt, was dem heterosexuellen Mann, der die größte Zielgruppe darstellt, gefällt. Egal, was mit der Frau angestellt wird, sie findet es immer unglaublich gut und stöhnt, sodass es die ganze Nachbarschaft hört. Und alles, was wir sehen und hören, ist das dumpfe Geräusch von zwei Geschlechtsteilen, die aufeinanderprallen. Andere sexuelle Praktiken oder Begehrensmuster gelten als exotische Abweichung.
Das Problem ist vor allem: diese Darstellungen sind häufig frauenfeinlich, doch werden heruntergespielt und zur Normalität gemacht. Und so lernen leider oft sehr junge Menschen durch Pornos gerade das, was die Realität eben nicht ausmacht, sondern eine Idealvorstellung aus der Perspektive eines Mannes wäre – nicht etwas, das beiden gleich viel Freude bereitet.
Das Problem an normalen, sexistischen Pornos ist, dass sie zur Gewohnheit werden können. Du kannst sie immer und jederzeit anschauen. Sie sind wie Massenware, für jeden zugänglich, ohne lange suchen zu müssen. In fünf Minuten zum Orgasmus, ganz schnell und einfach für Zwischendurch. Und das auch noch mehrere Male am Tag.
Und letztendlich ist die Konsequenz, dass sie dich, wie schon gesagt, abstumpfen. Was ist, wenn du dann mal wieder richtigen Sex haben willst, mit einer echten Person und zwischenmenschlichen Gefühlen? Deine Phantasien sind auf einer ganz anderen Ebene, komplett unrealistisch, zerstört von Bildern, die es so in der Wirklichkeit kaum geben wird. Kaum noch etwas schafft es, dich zu erregen oder gar zu befriedigen. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass Mann oder Frau gar keine Lust mehr auf Sex haben könnte.
Natürlich ist es eigentlich sogar sehr gesund, Sex und viele Orgasmen zu haben. Studien haben bewiesen, dass man sich dadurch viel besser entspannen kann, einen tieferen Schlaf hat und guter Sex stark zur Lebensqualität beträgt. Damit hat stumpfes auf den Bildschirm starren aber nicht viel gemeinsam. Und ausschlaggebend sind eben auch die Inhalte, die man konsumiert. Man sollte es also lieber vermeiden, sich in aller Hektik irgendwelche sexistischen und diskriminierenden Filmchen reinzuziehen. Wieso zelebriert man das Ganze nicht viel mehr?
Ein Liebesakt mit sich selbst.
Natürlich kann man Pornos auch mit der Partner*in gemeinsam anschauen, in Begleitung. Es ist wichtig, dass man Pornos nur als Ergänzung oder Erweiterung ansieht und der Fokus weiterhin bei dir oder eben bei euch bleibt. Es geht nämlich um dich und deine Gefühle, deinen Körper, deine Seele, deine Glücksmomente. Sex und Selbstbefriedigung ist etwas Schönes, was du genießen kannst und auch solltest, damit die Besonderheit nicht verloren geht.
Vielleicht suchst du dir also einen richtig schönen Porno raus, der dich inspiriert, erregt und dich gut fühlen lässt. Nimm dir viel Zeit, einen ganzen Abend vielleicht. Gehe duschen oder nimm ein Bad, berühre dich, erkunde deinen Körper. Ziehe Unterwäsche an, in der du dir so richtig gut gefällst. Mache es dir gemütlich, gönne dir etwas Leckeres zu trinken oder zu essen, ziehe dich selbst wieder aus, berühr dich, fühle dich – all das in Begleitung mit einem schönen Film. Entspanne dich und mache es dir so schön, wie es nur geht.
Gehe auf ein Date mit dir selbst.
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Quellen: I II III
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