Gastgedanken, Hier & Jetzt
Kommentare 5

Introversion in der Schule

Das deutsche Schulsystem. Ein Thema für sich, was immer gerne in das Zentrum der Kritik rückt. Und das zu Recht. Ich als angehende Abiturientin habe 12 Jahre Schule hinter mich gebracht und fühle mich jetzt in der Lage, ausreichend über diese Lernanstalt urteilen zu können.

Bildung ist wichtig, keine Frage. Und ich weiß es zu schätzen, das Recht auf kostenlose Bildung zu haben. Denn ich bin jemand, der gerne Neues lernt. Der sich Herausforderungen stellt und sich freut, daran zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Dieser Prozess ist großartig.
Doch trotz allem nerven mich einige Dinge an der Schule: Einer meiner beliebtesten Kritikpunkte sind die mündlichen Noten: Wie viele Stunden ich in meinem Leben damit verbracht habe, dieses Bewertungssystem zu kritisieren!

Erst einmal ist die Idee doch absurd, dass Zahlen die Leistung von Kindern bewerten sollen. Eine einzige Zahl sagt doch nichts über eine Leistung aus! Das wäre so, als würde man eine Person mit einem einzigen Adjektiv beschreibt: humorvoll. Das reicht doch überhaupt nicht aus, um sich ein Bild von einer Person zu machen.

Ich als introvertierter Mensch habe in den Klausuren eigentlich immer große Erfolge gefeiert, habe den mündlichen Unterricht hingegen eigentlich schon immer abgelehnt Ich habe es in meiner Schullaufbahn mal mehr und mal weniger gut geschafft, mich an dieses System anzupassen und dementsprechend sahen dann auch meine Noten mal besser und mal schlechter aus. Introversion bedeutet in meinem Fall zum Beispiel, dass ich gerne für mich allein arbeite, meine Gedanken nur dann teile, wenn ich vorher intensiv darüber nachgedacht habe und nicht das Erstbeste aus mir herausschreie. Doch diese Bedürfnisse werden in der Schule einfach klein getrampelt.

Stattdessen heißt es: „Versuche doch mal, dich häufiger zu melden.“ „Sag‘ doch einfach mal, dass was dir sofort in den Sinn kommt.“ „Sei doch nicht so schüchtern.

Ich fühle mich dann teilweise ein wenig überrannt in der Schule. Ich bin vielleicht ein bisschen sensibel für diese hektische Welt – dennoch bin ich gewillt, mich in meinen Möglichkeiten anzupassen. Aber es wäre es nicht trotzdem schön, wenn die Schule einem dort ein wenig entgegenkommen und den Schulalltag erleichtern würde?

Was mir von einigen (glücklicherweise nicht von allen!) Lehrern versucht wurde einzutrichtern, ist, dass introvertierte Menschen nicht in diese Welt passen und sich ändern müssen. Allein schon aufgrund der Gewichtung, dass die mündliche Note ja mehr zähle, als die schriftliche.

Erst seit kurzer Zeit habe ich gemerkt, dass die Schule einem nicht immer die Wahrheit verkauft und man die Kritik an seiner eigenen Persönlichkeit grundsätzlich hinterfragen sollte. Natürlich sollte man für konstruktive Kritik offen bleiben, aber ich habe gelernt, meinen grundlegenden Persönlichkeitstyp zu akzeptieren und zu lieben. Und diese wichtige Akzeptanz und Selbstliebe habe ich außerhalb der Schule entwickelt.

_

Gastgedanken anonym eingereicht.
Photos von Imina.

Du möchtest deine Worte, Kunstwerke oder Gedankenfetzen auch öffentlich teilen? Lies hier unsere FAQ’s und schick‘ uns einfach hier eine Mail!

5 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.