Nachmachen ist etwas, was mich schon seit jeher beschäftigt, mir seit jeher nahe geht und womit ich seit jeher zu kämpfen habe. Denn so banal dieses Thema scheinen mag, so wichtig ist es auch, dass wir darüber sprechen. Denn besonders jetzt, wenn wir noch dabei sind, uns selbst zu finden und uns selbst zu definieren, schauen wir oft auf andere. Was machen die? Wie kann ich das auch machen? Wie kann ich es besser machen?
Meine Geschichte beginnt so: Ich bin einfach ein 13-jähriges Mädchen, welches noch im Internat lebt, dort Freunde hat und – wie das halt so ist – auch einen Schwarm. Leider lief das mit der Liebe damals aber alles noch nicht so, wie ich mir das gern gewünscht hätte und der Typ empfand nicht dasselbe für mich. Überraschung.
Wir waren jedoch zumindest mal echt gute Freunde gewesen. Doch dann kam sie. Sie war das non-plus-ultra. Sie war perfekt. In meinen Augen. In seinen Augen. In den Augen aller eigentlich. Sie war hübsch, schlau, lustig, talentiert, eloquent und es dauerte nicht lang, da war sie die Herzdame der ganzen Jungs. Ja, auch dieses Jungens. Und sie war außerdem meine beste Freundin.
Sie war schon etwas weiter als wir anderen und dafür habe ich sie beneidet. Ich wollte so sehr sein wie sie. Versuchte, es ihr gleichzutun. Gewisse Dinge, gewisse Verhaltensweisen nachzuahmen. Aber das war einfach nicht ich. So war ich einfach nicht. Und wenngleich es vielleicht nicht unbedingt etwas mit Nachmachen zutun hat, aber das, was mein Schwarm an mir runtermachte (und damit meine ich nicht nur anmerken, sondern sich-drüber-lustig-machen-und-ganz-laut-vor-allen-sagen) war bei ihr immer gar nicht so schlimm. Zum Beispiel titulierte er es bei mir als eklig, dass ich Haare auf den Armen hatte, bei ihr war es okay. Diese Sachen häuften sich. Und deswegen fand ich es umso gemeiner, wenn sie mir mal etwas nachmachte – wie die Art meines tumblr-Blogs – und wenn sie dann dafür Lob kassierte und ich ausgelacht wurde.
Es war einfach unfair und ich fühlte mich mehr und mehr fehl am Platz und unverstanden. Irgendwann war sie nicht mehr meine beste Freundin, schweißte sich mit den anderen zusammen und ich stand allein da. Aber irgendwann stellte ich fest: ich bin ich und ich bin richtig, wie ich bin. Es dauerte nicht lang und das Blatt hatte sich gewendet. Ich wollte nicht mehr wie sie sein. Nicht mehr wie irgendjemand von den anderen. Ging meinen eigenen Weg, war auf einer anderen Schule und plötzlich orientierten sich meine Mitschüler an mir. Das tat gut. Und ich genoss es.
Nachmachen sah ich nicht so wie früher. Denn hier gab es plötzlich einen Unterschied: man erkannte sich untereinander an, respektierte sich und das ganze geschah unter dem Oberbegriff des „Sich-Inspirieren-Lassens“. War doch auch egal, wenn jemand das gleiche hat oder tat, wie du. Sharing is caring und mir ging es so viel besser damit, offen einfach zu teilen, was ich mochte. Andere teilhaben zu lassen.
Natürlich hat auch mein YouTube-Kanal da seinen Teil zu getan. Dort geht es ja gerade darum, anderen Gutes mit auf den Weg zu geben. Seien es Produkt-Empfehlungen oder Lebensweisheiten. Gern möchte ich Vorbild und Orientierung für andere sein. Und nehme es als Kompliment, wenn jemand etwas, was er von mir hat, in sein Leben integriert.
Aber dunkle Seiten gibt es trotzdem. Wenn jemand deine Idee klaut. Oder behauptet, es sei eine eigene. Oder behauptet, zuerst da gewesen zu sein. Und dir für all das überhaupt keinen Dank zollt – dann flammt in mir ein Gefühl auf, was ich nicht beschreiben kann. Aber es ist dieses Gefühl aus alten Zeiten.
Die Hilflosigkeit, die Angst, ich könnte auf einmal ohne alles dastehen, das einsinkende Wissen, dass nichts wirklich meins und vor allem nichts sicher ist, die Furcht, dass dieser jemand nicht nur nachmacht, sondern es besser macht …
Im Gegensatz zu damals lasse ich das aber nicht einfach über mich ergehen. Ich spreche es an. Und apelliere an die Menschlichkeit. Habe kein Problem, jemanden mit irgendwas zu inspirieren. Aber Nachmachen stinkt. Und damit meine ich jegliche Art des Abkupferns und des Das-Werk-für-sich-beanspruchens:
Hausaufgaben abschreiben und dann sogar eine bessere Note kassieren, die gleichen Klamotten kaufen und mehr Komplimente für die Looks bekommen, das gleiche Instagram-Bild mit der selben Pose und mehr Likes, die selben Witze, Geschichten und Anekdoten und mehr Lacher, der selbe Blog mit dem selben Prinzip und mehr Leser …
Geht es hier wieder um’s Vergleichen? Irgendwie schon. Denn schließlich will man der oder die Beste sein, in dem, was man tut. Hat man also einen einzigartigen Weg gefunden und jemand nimmt dir diese Genugtuung aber weg – das schmerzt. Und das würde es nicht so sehr, wenn man deine Arbeit, Ideen und Kreativität würdigen würde.
Hört auf nachzumachen und fangt an, zu gönnen, möchte ich sagen. Sagt: „Hey, diese Person hatte ne coole Idee und ich mach jetzt mein eigenes Ding draus.“ Statt „Ich war vor dir da, Peace out“. Seid ehrlich zu euch selbst. Und vor allem: verlangt diese Ehrlichkeit auch von anderen. Denn wenn wir uns alle und das was wir tun, entdecken und haben etwas mehr wertschätzen würden, dann wäre die Welt eine klein bisschen bessere.
5 Kommentare